Der Medienwissenschaftler Klaus Meier sieht den Journalismus vor großen Herausforderungen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Entsprechende Tools spielten bereits heute "im gesamten redaktionellen Ablauf eine Rolle, von der Recherche und Produktion von Beiträgen bis hin zur Verbreitung", sagte Meier im Sonntagsblatt-Interview. "In all diesen Bereichen treten ethische Problemfälle auf."

Die derzeit am meisten diskutierte Problematik sei der Einsatz von KI-Tools bei der Produktion von Beiträgen, sagte Meier, der als Professor für Journalistik mit Schwerpunkt Innovation und Transformation an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt lehrt. Die Spannbreite der Anwendungen sei enorm.

KI-Tools, die Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit unterstützen, zum Beispiel bei der Formulierung von Überschriften und Teasern oder bei der Korrektur, halte er für unproblematisch, solange die Redaktion die letzte Verantwortung behält. "Wenn KI allerdings dafür genutzt wird, komplette Artikel zu schreiben oder sogar ganze Zeitschriftenausgaben und Hörfunksendungen zu produzieren, wird es dagegen schwierig, weil die Kontroll- und Korrekturmöglichkeiten der Redaktion dann stark eingeschränkt sind", sagte der Wissenschaftler. Hier sei es besonders wichtig, dass der Einsatz von KI für die Nutzer transparent und verständlich gekennzeichnet werde.

Journalismus und KI

Viele ethische Hürden seien in diesem Bereich noch gar nicht ausgelotet, weil der Einsatz von KI erst am Anfang stehe, sagte Meier. Dass der Deutsche Presserat bislang noch keine Entscheidung über eine Erweiterung des Pressekodex zum Umgang mit KI getroffen hat, hält er vor diesem Hintergrund für nachvollziehbar. "Alle Richtlinien, die der Presserat herausgibt, sollten auf Dauer gut bestehen können und nicht ständig überarbeitet werden müssen", sagte der Medienwissenschaftler. Da sich das Thema KI rasant entwickle, stehe der Presserat vor einer besonderen Herausforderung.

Eine rechtliche Regelungsmöglichkeit, um zu verhindern, dass die Inhalte von Journalisten und Medienhäusern im Zusammenhang mit Text- und Data-Mining von KI-Systemen gratis genutzt werden, sieht Meier derzeit kaum. "Große Systeme nutzen Material aus internationalen Datenbanken, das lässt sich mit deutschem oder europäischem Recht nicht verhindern." Meier empfiehlt stattdessen eine andere Strategie. So stellten manche Medien in den USA KI-Unternehmen ihre Datenbanken frei zur Verfügung und erhielten im Gegenzug bestimmte Tools, die individuell für ihre Zwecke umprogrammiert wurden. "Derlei Kooperationen halte ich für sehr sinnvoll", sagte der Wissenschaftler.

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