Wie Menschen in Würde älter werden können, ist das Thema eines vierteiligen Online-Seminars "Die Macht der inneren Haltung" der Stadtakademie München ab 9. Januar.

Achtsamkeitstrainerin Ursula Stein beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage. Die Pädagogin ist überzeugt, dass das Älterwerden einen Wert für sich hat. Ein Gespräch über Lebenserfahrung, Stabilität und Gnade.

epd: Frau Stein, gibt es eine vorherrschende Haltung zum Älterwerden in der Gesellschaft?

Stein: Ich glaube, es geht den meisten Menschen weniger ums Älterwerden, als ums Jungbleiben. Das artet dann oft in eine Art Jugendwahn aus, für den sich Menschen auch operativ verjüngen lassen.

So ein Trend wertet natürlich das Älterwerden ab und man tut sich noch schwerer damit.

Dabei hat der Prozess des Alterns einen Wert an sich: Dank der Lebenserfahrung, die ich gesammelt habe, kann ich ganz anders mit dem Leben umgehen. Das dient nicht nur mir, sondern auch den Menschen um mich herum.

Welche Probleme bringt die mangelnde Akzeptanz fürs Älterwerden mit sich?

Viel Verzweiflung. Keine OP kann das Älterwerden aufhalten.

Wenn mein Selbstbild ist, immer jung und dynamisch zu sein, dann werde ich mit den Einschränkungen, die das Alter eben mit sich bringt, nicht gut umgehen können.

Es geht um die innere Haltung: Natürlich ist es gut, beispielsweise ins Fitnessstudio zu gehen.

Die Frage ist, warum ich das mache: Um immer fit zu sein? Oder um möglichst gut ins Älterwerden zu gehen? Jeder lebt in einer Art Lebensgemeinschaft mit sich selbst.

Wie hart und streng bin ich mit mir, oder wie freundlich und verständnisvoll? Wenn ich mich gegen das Älterwerden wehre, geht es mir mit mir selber nicht gut.

Was ist die Belohnung für eine veränderte Haltung zum Älterwerden?

Innere Stabilität. Angst vor etwas macht uns immer instabil. Ich habe früher ein Altenservicezentrum geleitet und war Hospizhelferin, ich bin sehr in die Themen Alter und Sterben hineingewachsen und kann ihnen jetzt mit 61 Jahren mit großer Gelassenheit begegnen.

Das heißt nicht, dass ich die beginnende Arthrose in meinen Fingern und Zehen toll finde! Manchmal frage ich mich schon, wo das enden wird - kann ich in 20 Jahren vielleicht keine Stricknadel mehr halten oder nicht mehr in den Bergen wandern? Aber diese Sorgen nehmen nicht überhand.

Ich bin dankbar und genieße es, solange ich es kann. Man kann immer interessiert und neugierig bleiben auf das, was noch kommt.

Früher wurden die Menschen gar nicht so alt. Es ist auch eine Gnade, das Alter erleben zu dürfen und so ein abgerundetes Leben zu haben.

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