Mit einer plakativen Aktion will eine Gruppe von kirchlichen Mitarbeiterinnen für mehr Gleichberechtigung in der Kirchenleitung werben. Am Freitag (1. März) übergeben sie je eine "Countdown-Box" mit Zahlenschloss an Landesbischof Christian Kopp und an die Nürnberger Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern, die erst geöffnet werden kann, sobald sechs der derzeit zwölf Posten im Landeskirchenrat mit Frauen besetzt sind.

Zuletzt sei am 1. März 2014 eine Frau neu in das Gremium berufen worden: "Zehn Jahre ist ein viel zu langer Zeitraum", findet die Initiatorinnen. Sie fordern, dass sich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) selbst verpflichtet, Frauen paritätisch an Leitungspositionen zu beteiligen.

Nürnberger Pfarrerin: Thema für viele ein rotes Tuch

Tia Pelz weiß, dass das Thema für viele ein rotes Tuch ist. Die Nürnberger Pfarrerin hat die Aktion dennoch mit ihren Kolleginnen Susanne Spinnler (Kirchrüsselbach), Clara-Marie Jantos (Nürnberg) und Dorothee Tröger (Erlangen) geplant, "weil wir unsere Kirche lieben und wollen, dass sich etwas verändert", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zahlreiche Studien hätten nachgewiesen, dass gemischte Leitungsteams besser arbeiteten. Frauen seien grundsätzlich "genauso kompetent, zu leiten" wie Männer. Außerdem schlügen mittlerweile mehr junge Frauen den Weg in den Pfarrberuf ein als Männer - analog sei es bei den Diakoninnen und Religionspädagoginnen. Das führe zu einer "Schieflage" zwischen Basis und Kirchenspitze.

Denn im Landeskirchenrat, in dem die Abteilungsleiter des Landeskirchenamts und die Regionalbischöfe der sechs Kirchenkreise Gesetzesvorlagen erstellen und Entscheidungen treffen, seien aktuell nur drei von zwölf Stellen mit Frauen besetzt. Auf Dekanatsebene sind nach Auskunft der Landeskirche 28 Prozent der Leitungspersonen weiblich - im Vergleich zu 16 Prozent im Jahr 2013. Die drei Regionalbischöfinnen von Bayreuth, Ansbach und Nürnberg allerdings gehen als Mitglieder im Landeskirchenrat in nächster Zeit in Ruhestand - wenn also nicht "gezielt Frauen nachberufen werden", sagt Pelz, könnte der Frauenanteil dort schnell wieder gegen Null gehen.

Synodalpräsidentin Preidel: Alle haben die gleichen Chancen

Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel sagte auf epd-Anfrage, dass im Berufungsausschuss "alle die gleichen Chancen" hätten. Das Gremium lege großen Wert auf eine geschlechtergerechte Besetzung der Leitungspositionen im Landeskirchenrat. Ausschlaggebend sei dabei die Qualifikation:

"Wir brauchen in diesen Zeiten die Besten", sagte Preidel. Die Synodalpräsidentin verwies darauf, dass sich nicht bei jeder Ausschreibung auch Frauen bewerben würden. Ebenso hätten schon Frauen, die sich im Bewerbungsverfahren durchgesetzt hatten, doch noch abgesagt.

Tia Pelz: Problem ist strukturell

Für Tia Pelz sind das die Punkte, wo man genauer hinschauen müsste: "Wie schreibe ich eine Stelle aus? Warum ist ein Posten unattraktiv?", fragt sie.

Angesichts der hohen Qualifikation vieler Frauen sei es "kein individuelles, sondern ein strukturelles Problem", wenn sich Frauen auf Leitungsposten nicht bewerben.

Um Abhilfe zu schaffen, sei eine "gezielte Personalentwicklung" in der Landeskirche nötig, um relativ früh potenzielle Führungskräfte zu identifizieren und zu coachen. "Das gibt es derzeit nicht", erklärte Pelz gegenüber epd. Auch die Möglichkeit zur Stellenteilung - nicht nur mit dem Ehepartner - und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei für Frauen oft ausschlaggebend.

Pelz und ihre Mitstreiterinnen sprechen der Landeskirche weder ihren guten Willen zur Frauenförderung ab, noch den amtierenden Leitungspersonen ihre Qualifikation.

"Was wir uns wünschen, ist einfach Gleichberechtigung", sagt die Pfarrerin.

Und nachdem das bloße "Wollen" der letzten Jahre keinen Erfolg gebracht habe, seien jetzt strukturelle Veränderung und ein klar formuliertes kirchenpolitisches Ziel nötig.

Theoretisch ist es sogar möglich, eine fast paritätische Besetzung im Landeskirchenrat in - nach kirchlichen Maßstäben - relativ kurzer Zeit zu erreichen: Fünf Stellen werden sukzessive bis Ende 2027 durch Amtszeitende oder Ruhestandseintritt frei. Dass aber nichts sicher ist, wissen Pelz und ihre Kolleginnen auch. Es dürfte also etwas extrem Haltbares sein, was in den "Countdown-Boxen" auf den Tag X wartet.

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