Mit seinen Donausegnungen schuf der Niederaltaicher Abt Emmanuel Jungclaussen eine durchschlagende Form des christlichen Widerstands gegen die Pläne zum Ausbau der Donau. Jahr für Jahr kamen Hunderte zu der Segnung, der katholische Theologe wurde zur zentralen Figur und Ikone gegen Staustufe und Kanal. Im Alter von 91 Jahren ist Jungclaussen, der auch als Mystiker und Buchautor in Erscheinung trat, am Samstag gestorben. "Ich wollte immer nur die Schöpfung schützen", sah er als eine seiner Lebensaufgaben.

Die Donaussegnungen begründete Jungclaussen 1994 am Fest der Taufe Jesu, wie es in der orthodoxen Kirche Tradition ist.

Dabei sei er der Eingebung gefolgt, dass Schutz allein im Segen liege. Mit dem Segen nach byzantinischem Ritus, bei dem ein Kreuz in die Donau geworfen wird, ebnete er den Weg zum Erhalt der Donau als frei fließender Fluss.  Noch kurz vor seinem 90. Geburtstag legte Jungclaussen sein Credo dar, dass das Strömende ein Sinnbild des Lebens und der Schöpfung sei, "der Stau aber ist der Tod". Wie sich Marlis Thalhammer vom ökumenischen Aktionskreis "Lebendige Donau" erinnert, sei die Donausegnung das erste große Zeichen in der politischen Auseinandersetzung gewesen.

Zu der Segnung des niederbayerischen Flussabschnitts im Januar 2013 kamen Tausende, die mitbeteten, darunter auch der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. In einem ökumenischen Schulterschluss für die Natur warb wie der katholische Abt auch der evangelische Bischof für einen sanften Ausbau des Flusses. Im Februar darauf erklärte die Bayerische Staatsregierung ihren Verzicht. 2014 erhielt Jungclaussen sogar die Bayerische Staatsmedaille für besondere Verdienste um die Umwelt. Dieser Preis sei damals "eine große Verneigung der Staatsregierung" vor dem Altabt gewesen, sagt Marlis Thalhammer vom ökumenischen Aktionskreis in der Rückschau.

Jungclaussens Vita

Jungclaussen wurde am 15. Mai 1927 als Sohn einer protestantischen Familie in Frankfurt/Oder geboren. Sein Vater war Besitzer einer biologisch-dynamisch geführten Gärtnerei. "Sei mal ganz still, beweg dich nicht", mehr habe sein Vater auf den gemeinsamen Wanderungen in der Natur nicht zu sagen brauchen. Diese Worte hätten genügt, "und mich überkam eine Andacht, als stünde ein ergreifender Moment bevor. Ein Augenblick, in dem sich die Schöpfung in ihrer Schönheit und Heiligkeit zeigt", schreibt Jungclaussen in seiner Autobiografie "Der Strom des Lebens. Vom Glück, sich selbst zu finden".

Er galt als begabter Schüler, der mit 19 Jahren zum katholischen Glauben konvertierte. 1946 machte er sein Abitur in Hamburg und studierte im Anschluss Theologie an der Jesuitenschule St. Georgen in Frankfurt/Main. Im Herbst 1955 trat er in die Benediktinerabtei Niederaltaich in Niederbayern ein.

Nach der Emeritierung seines Vorgängers wurde der Mann mit der charismatischen Ausstrahlung 1989 zum 84. Abt von Niederaltaich gewählt, dieses Amt hatte er bis 2001 inne. Er war bestrebt, sowohl die benediktinische Spiritualität der Westkirche als auch die kontemplative der Ostkirche in Niederaltaich zu beheimaten und sie auch den Laien zu erschließen. Seine Herzensgebete wurden zu Klassikern der mystischen Gebetsliteratur.

"Wir müssen versuchen, das Nichts zu hören, das Gott benutzt, um uns innerlich anzurühren", lehrte er in Seminaren.

1996 gab er auf den 46. Lindauer Psychotherapiewochen den Anstoß, das Jesusgebet als therapeutische Maßnahme weiterzuentwickeln.

Bis ins hohe Alter ist Jungclaussen die Ökumene ein Anliegen geblieben. "Gott will, dass wir uns vertragen und uns beistehen. Wir sind in erster Linie Christen und erst in zweiter Linie Katholiken und Protestanten", war seine Überzeugung. Bei der Donausegnung im Januar 2017 konnte er schon nicht mehr dabei sein, weil ihm das Gehen zusehends schwer fiel.