Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist am Samstag um 09.34 Uhr im Alter von 95 Jahren in seiner Residenz im früheren Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten gestorben. Das teilte der Sprecher des Heiligen Stuhls, Matteo Bruni, "schmerzerfüllt" mit.  Ab dem 2. Januar sollen sich Gläubige im Petersdom von dem aufgebahrten Benedikt verabschieden können.

Landesbischof Bedford-Strohm würdigt ökumenischen Dialog

Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm würdigte die "theologische Gelehrsamkeit" des verstorbenen früheren Papstes Benedikt XVI.. Er habe großen Respekt vor dem Lebenswerk des früheren Papstes, sagte Bedford-Strohm am Samstag in München. Benedikt habe sich immer um den ökumenischen Dialog bemüht. So habe er beim Zustandekommen der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999 mit den lutherischen Kirchen eine wichtige Rolle gespielt.

Allerdings habe die Erklärung "Dominus Jesus", die der damalige Kardinal Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation 2000 veröffentlicht hatte, "Verletzungen hinterlassen, die nachgewirkt haben", so Bedford-Strohm. Der Erklärung zufolge seien die protestantischen Kirchen nicht "Kirche im eigentlichen Sinne". Die damit verbundene Vorstellung, dass die katholische Kirche die eigentliche Kirche sei und anderen Kirchen nur "kirchliche Gemeinschaften", sei kein wirklich tragfähiges Konzept von Ökumene.

Vorsitzender der Bischofskonferenz Bätzing ruft zum Gebet auf

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat die Gläubigen in Deutschland zum Gebet für den verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. aufgerufen. "Er war uns ein großes Geschenk", sagte Bätzing am Samstagmittag in Limburg vor Journalisten. Heute sei ein Tag der Trauer, aber für ihn auch ein Tag der Dankbarkeit und des Respekts vor "einem großen Mann der Kirche", so der Limburger Bischof.

Bätzing nannte Benedikt XVI., der am Samstagmorgen in Rom im Alter von 95 Jahren verstorben war, einen "brillanten Theologen". Wie kaum jemand sonst, habe er versucht, die Tiefen des Glaubens den Menschen deutlich zu machen. Er habe Generationen von Theologie-Studierenden geprägt. Benedikt, der mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger hieß, stand von 2005 bis zu seinem freiwilligen Rücktritt 2013 an der Spitze der katholischen Kirche.

Bätzing sagte, Benedikt sei nicht für die Öffentlichkeit und die Bühne geboren worden, sondern mehr für die Innerlichkeit, aber auch für die Leitung der Kirche in kluger Sorgfalt. Er erinnerte auch daran, dass Benedikt als erster deutscher Papst seit der frühen Neuzeit dem ökumenischen Zusammenleben im Land der Reformation "manchen Stolperstein in den Weg gelegt" habe.

Der Bischof betonte, Benedikt habe während seines Pontifikats die Schrecken des Missbrauchs erst wirklich an den Tag geholt. "Wie keiner vor ihm hat er deutlich gemacht, jeder Missbrauch ist ein Verbrechen." Als erster Papst habe er bei vielen seiner Auslandsreisen Missbrauchsbetroffene zum Gespräch eingeladen. Zu seinem eigenen Umgang mit Missbrauchstätern als Erzbischof von München und Freising seien aber Fragen offen geblieben. "Mit diesen offenen Fragen müssen wir leben", sagte Bätzing.

Bayerische Bischöfe würdigen Leistungen des früheren Papst Benedikt XVI.

Der katholische Bischof Kardinal Reinhard Marx (München und Freising) hat den verstorbenen früheren Papst Benedikt XVI. als "großen Papst" gewürdigt, der sein Hirtenamt mit Freimut und starkem Glauben ausgeübt habe. Als Theologe habe er die Kirche lange und nachhaltig geprägt, sagte Marx am Samstag in München. In Joseph Ratzinger hätten sich "Intellektualität und eine tiefe, ehrliche Frömmigkeit" vereint. Trotz seines Amtes sei er bescheiden geblieben und habe immer das Amt und nicht die Person in den Vordergrund gestellt.

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer lobte den früheren Papst als "Mann des Wortes", der die Kirche durch die Autorität seines Argumentes und durch die Schlüssigkeit seiner theologischen Ausführungen geleitet habe. Er sei ein "Jahrhunderttheologe" gewesen, dessen Werk ungezählten Gläubigen geistliche Nahrung und Stärkung vermittelt habe. Voderholzer bezeichnete Benedikt XVI. zudem als "Mozart der Theologie", der mit seiner Schönheit der Sprache Freude bereitet habe.

Bambergs emeritierter Erzbischof Ludwig Schick würdigte Papst Benedikt XVI. als einen Mann des Glaubens und des Gebets. Er habe den Glauben "treu, unverfälscht, vertrauensvoll und froh weitergegeben". Durch sein umfassendes Wissen und seine tiefe Frömmigkeit habe er der Kirche ein stabiles Fundament gegeben und sein ein weitblickender Steuermann gewesen, so Schick.

Der Augsburger Bischof Bertram Meier erinnerte an Benedikts "immenses und kostbares Lebenswerk". Seine Theologie eröffne einen "Horizont des Lichtes". Dies werde "mit einem gewissen zeitlichen Abstand auch die Schatten" überstrahlen, die in den letzten Monaten auf das Wirken des früheren Papstes gefallen sind.

Kirchenvolksbewegung kritisierte Wirken

Die Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche sieht" kritisiert das Wirken des am Samstag verstorbenen Papst emeritus Benedikt XIV.. Er sei ein "widersprüchlicher Theologe" gewesen, der ein schweres Erbe hinterlasse, erklärte die Bewegung am Samstag in München. Er habe die römisch-katholische Kirche "über Jahrzehnte in rückwärtsgewandter Weise geprägt".

Seinem Nachfolger Papst Franziskus und der ganzen Kirche habe er "mit einem Klima der Angst und einem theologischen Stillstand ein schweres Erbe hinterlassen", erklärte "Wir sind Kirche". Dieses wirke bis heute nach. Joseph Ratzinger habe kein Verständnis für die Zukunftsdimension des Glaubens entwickelt, hieß es. Er habe versucht, Reformimpulse zu begrenzen oder zurückzunehmen, etwa als junger Theologe und Berater bei den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), als Präfekt der Glaubenskongregation unter Papst Johannes Paul II. sowie als Papst Benedikt XVI. "Er erwies sich damit als unerbittlicher Reaktionär, der letztlich gescheitert ist", schrieb die Kirchenvolksbewegung.

Emeritierte Papst Benedikt XVI. schwer krank

Am Mittwoch hatte der amtierende Papst Franziskus bereits erklärt, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI schwer erkrankt sei. "Ich bitte euch alle um ein besonderes Gebet", sagte er laut Informationen des Vatikan. "Denken wir an ihn, er ist sehr krank, und bitten wir den Herrn, ihn zu trösten und ihn in diesem Zeugnis der Liebe zur Kirche bis zum Ende zu unterstützen", so Franziskus.

Der emeritierte Papst hatte Anfang Dezember noch die beiden diesjährigen Träger des Ratzinger-Preises privat empfangen. Der Theologe und Jesuitenpater Michel Fedou sowie der jüdische Rechtswissenschaftler Joseph Halevi Horowitz Weiler trafen ihn nach der Preisverleihung am 2. Dezember im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan.

Papst aus Bayern

Joseph Ratzinger, der 2005 zum Nachfolger von Johannes Paul II. gewählt wurde, stammte aus Bayern und war der erste deutsche Papst seit fast 500 Jahren. Er trat 2013 zurück und lebt seitdem relativ abgeschieden in einem Kloster im Vatikan. Vor seinem Pontifikat war Benedikt viele Jahre als Präfekt der Glaubenskongregation tätig und galt als scharfer Verfechter der katholischen Lehre.

Benedikt XVI. wurde am 16. April 1927 im bayerischen Marktl am Inn geboren. Nach seiner Priesterweihe 1951 schlug er zunächst eine wissenschaftliche Laufbahn ein, bevor er 1977 Münchner Erzbischof wurde. 1982 berief ihn Papst Johannes Paul II. zum Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, 2005 wurde der Deutsche als Nachfolger des Polen selbst zum Papst gewählt.

Nach acht Jahren als Pontifex verzichtete Benedikt XVI. 2013 überraschend auf das Papstamt und lebte fortan zurückgezogen im Vatikan. Das letzte Mal war Benedikt im Sommer 2020 nach Deutschland gereist, um sich in Regensburg von seinem im Sterben liegenden Bruder Georg zu verabschieden.

Erst kürzlich war bekannt geworden, dass eine Klage wegen sexuellen Missbrauchs durch einen Kleriker, die sich auch gegen den emeritierten Papst Benedikt XVI. richtet, vor dem Landgericht Traunstein mündlich verhandelt werden soll. Wie das Recherchenetzwerk Correctiv und der Bayerische Rundfunk (BR) mitteilten, hat das Gericht den 28. März 2023 als Verhandlungstag vorgeschlagen - die Parteien sollen sich bis Mitte Januar dazu äußern, ob ihnen der Termin möglich ist. Nun kann die Gerichtsverhandlung vermutlich nicht stattfinden.