Wie steht es um die Pressefreiheit in Deutschland? Zufriedenstellend – aber nicht mehr gut. Zu diesem Ergebnis jedenfalls kam vergangenes Jahr Reporter ohne Grenzen. Im jährlichen Ranking wurde Deutschland von einer 2 auf eine 3 zurückgestuft. 

"Lügenpresse!"-Brüller bedrohen Pressefreiheit – aber nicht nur sie

Der Grund dafür: Hauptsächlich die Übergriffe auf Journalist*innen bei Demonstrationen von Corona-Leugner*innen. Tatsächlich ist die Pressefreiheit zunehmend bedroht von einer wachsenden Gruppe von Verschwörungsgläubigen, die jeglichen Bericht, der nicht ihr krudes Weltbild bestätigt, als Fake News verdammen und auch nicht davor zurückschrecken, Pressevertreter*innen körperlich zu attackieren. Die "Lügenpresse!"-Brüller eben. 

Doch das sollte nicht über die weitaus größere Bedrohung hinwegtäuschen, der sich die Pressefreiheit ausgesetzt sieht: Extrem reiche, extrem mächtige Männer. Tesla-Boss Elon Musk (265 Milliarden Dollar Vermögen) hat gerade Twitter gekauft.

Was das mit Pressefreiheit zu tun hat? Sehr viel. Über die oft fälschlicherweise als "Kurznachrichtendienst" bezeichnete Plattform werden Nachrichten, Geschichten, Artikel und Narrative verbreitet, die weltweit 300 Millionen User erreichen. Wer kontrolliert, was hier wie gewichtet wird, hat einen erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung vieler Menschen. 

Pressefreiheit nur für 200 reiche Leute?

Das sieht man unter anderem an Mark Zuckerberg (75 Milliarden Dollar Vermögen), dem mit Instagram und vor allem Facebook ebenfalls wichtige Kanäle zur Verbreitung von Presseinhalten gehören. Nicht zu vergessen: Musks Bruder im Geiste, Amazon-Chef Jeff Bezos (177 Milliarden Dollar Vermögen), hat 2013 die "Washington Post" gekauft. 

Der konservative deutsche Publizist Paul Sethe hat bereits 1965 in einem Leserbrief an den "Spiegel" erklärt: "Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten." Ein etwas überspitzter Satz, der aber auf ein nach wie vor akutes Problem aufmerksam macht: Wer bestimmt die Agenda? Wer setzt die Themen, entscheidet darüber, welches Framing sich durchsetzt? 

Gute Nachrichten

Zu einer Demokratie gehört eine unabhängige und pluralistische Presse. In allererster Linie sollte sie, sollten wir Journalist*innen, den Leser*innen verpflichtet sein. Die gute Nachricht ist: Das ist heute dank technischer Möglichkeiten viel besser möglich als noch zur Zeit von Sethe. Dank des Internets lässt sich sehr leicht und sehr schnell feststellen, welche Themen und Herangehensweisen Menschen interessieren – und welche nicht. 

Doch es reicht nicht, Leser*innen einfach nur zu tracken, ihre Vorlieben und Abneigungen auszuspionieren und sie dann auf Basis ihrer niederen Instinkte "abzuholen", wie es so schön heißt. Das wäre Manipulation. Nein, das Verhältnis von Journalist*in und Leser*in muss sich ändern. Eine neue Transparenz, ein Austausch auf Augenhöhe muss her. 

Aktive Teilnahme statt Leserbriefen

Die Vorstellung, dass Journalist*innen Expert*innen für alles sind, worüber sie schreiben, ist veraltet. Allzu oft wissen wir vieles ein bisschen – und nichts richtig. Das ist auch nicht schlimm - solange wir dazu stehen und uns nicht zu schade sind, Anregungen und konstruktive Kritik von unseren Leser*innen anzunehmen. Leserbriefe haben ausgedient – was es braucht, ist eine aktive Teilnahme aller an bestimmten Themen Interessierter. 

Bricht man damit die Machtverhältnisse? Wird dann einfach alles gut? Oder wenigstens demokratisch? Nein. Geld und Macht werden weiterhin einen großen Einfluss auf die Berichterstattung haben. Aber Demokratie ist kein Zustand, sondern ein Prozess, oft genug ein mühsamer, langwieriger und aus kleinen Schritten bestehender. 

Membership – sind Sie dabei?

Das Modell, von dem wir hier sprechen, heißt Membership. Es bricht mit der veralteten Rollenteilung, in der Journalist*innen einer passiven Leserschaft Artikel vorsetzen, die diese dann konsumiert. Stattdessen stehen interaktive Themenfindung, direkter Austausch und aktive Einbindung in Recherchen im Vordergrund. 

Wir haben uns entschieden, dieses Modell auf sonntagsblatt.de auszuprobieren. Weil wir unabhängig bleiben und arbeiten wollen – verpflichtet nur der Wahrheit und Ihnen, unseren Leser*innen. Wenn Sie Lust darauf haben und bereit sind: Bald geht es los.