Wie seid Ihr zur Evangelischen Studierendengemeinde (ESG) bzw. zur Evangelischen Hochschulgemeinde (EHG) gekommen?

Mattai: In meinem ersten Semester war durch Corona alles online. Meine Mitbewohnerin hatte gesehen, dass die ESG einen Online-Spieleabend veranstaltet. Dort wurden wir zur Morgenandacht eingeladen und seitdem bin ich regelmäßig in die ESG gegangen.
Alice: Bei uns macht die Uni für die Erstis (Erstsemester) Werbung für alle möglichen studentischen Initiativen. So bin ich auf ein Video der EHG gestoßen. Damals hatte ich einige Zweifel und Sorgen, sodass ich mit Katarina ein Beratungsgespräch vereinbart habe. Sie hat mir Simon, einen Studenten aus der EHG vorgestellt, der mir den Campus gezeigt hat. So bin ich zur EHG gekommen und geblieben.

"Die Welt besteht nicht nur aus Lernen und Klausuren!"

Was bedeutet es für euch, Teil einer christlichen Gemeinde an der Uni zu sein?

Alice: Für mich sind die Veranstaltungen der EHG fester Bestandteil meiner Woche. Die EHG gibt mir die Möglichkeit, meinen Studienalltag zu unterbrechen, zu entschleunigen und wieder zu realisieren: Die Welt besteht nicht nur aus Lernen und Klausuren!

Weshalb lohnt es sich, bei ESG bzw. EHG vorbeizuschauen?

Mattai: Es gibt sehr viele verschiedene Themen im Programm. Gleichzeitig sind so viele Menschen bei der ESG, auch Menschen unterschiedlicher Religion und Herkunft. Das steht aber nicht im Vordergrund, es sind einfach coole Leute da.
Alice: Da kann ich mich nur anschließen. Für mich spielt die Community eine große Rolle. In der EHG werden die Menschen so akzeptiert, wie sie sind. Ich muss mich nicht verstellen. Auch die Offenheit, über verschiedene, teilweise auch tiefe, existenzielle Themen zu reden und die eigene Meinung frei aussprechen zu können, finde ich wichtig.

Was sollte in der Studierendenarbeit an der Uni unbedingt vorkommen?

Alice: Es ist mir wichtig, dass in der EHG christliche Werte gelebt und weitergegeben werden. Eines Tages werden wir in verschiedenen Berufen arbeiten. Da wirken wir in die Gesellschaft, indem wir Verantwortung übernehmen und uns für christliche Werte einsetzen. Da machen wir einen Unterschied in die Gesellschaft hinein, im Beruf, in unseren Freundeskreisen und Familien.

"Ich verbinde Glauben auf jeden Fall immer mit Gemeinschaft."

Welche Rolle spielt der Glaube für euch?

Alice: Glaube ist für mich Teil des Lebens. Die EHG gibt mir dafür einen Rahmen. Hier kann ich Glauben gemeinsam mit anderen erleben und zusammen spüren. In Momenten, wo ich zweifle oder mir Sorgen mache, kann ich dankbar sein für so vieles in meinem Leben. Das gibt mir eine neue Perspektive. Wenn ich zweifle und mich frage: "Bin ich richtig in dem Studiengang, bin ich gut genug?", dann finde ich in der EHG Leute, die mir sagen: "Calm down, es ist alles gut. Du musst bei Gott nichts leisten. Du bist schon perfekt, wie du bist!" Dieser Gedanke hat mir schon viel geholfen.
Mattai: Ich habe für mich noch kein abschließendes Bild, was für mich Glaube ist. Ich verbinde Glauben auf jeden Fall immer mit Gemeinschaft. Egal, wer oder wie man ist, man wird akzeptiert und ich erlebe ein gegenseitiges Vertrauen. Das ist für mich ein wichtiger Ausdruck des Glaubens.

Wie nehmt ihr den gesellschaftlichen Wandel wahr? Es ist ja gar nicht mehr so selbstverständlich, zur Kirche zu gehören.

Alice: Viele Menschen setzen Kirche zu stark mit Tradition gleich. Und wenn man nicht bereits in dieser Tradition verwurzelt ist, dann fühlt man sich nicht zugehörig, sondern eher fremd. Glaube ist dabei aber so viel mehr als Tradition, Glaube ist persönlich und lebendig. Und ich kann kommen, wie ich bin.
Mattai: Ich denke, das Problem ist, dass viele Leute denken: "Kirche = sonntags 10 Uhr Gottesdienst" und dass man irgendwie schon vorab dazugehören muss, sich in der Tradition auskennen sollte. Oft empfinde ich den Gottesdienst dabei als zu frontal. Einer steht vorne und redet wie beim Frontalunterricht. Manchmal ist es inspirierend. Aber insgesamt ist der Gottesdienst wenig lebendig. Kirche könnte in noch mehr Bereichen lebendiger werden, in manchen ist sie das ja bereits.
Dazu kommt, dass man von vielen coolen Angeboten zum Beispiel für junge Menschen erst erfährt, wenn man bereits in der Kirche oder Gemeinde drin ist. Der Kirchentag ist ein gutes Beispiel: Freunde denken, dass ich da drei Tage lang 24 Stunden sitze und bete. Dass ich dort das erste Mal auf einem Metal-Konzert war, das können die kaum glauben.

Die Fragen stellten Heinrich Busch und Katarina Freisleder.

Serie "Mitten im Leben – Seelsorge und Beratung"

Seelsorge

In der neuen Serie "Mitten im Leben – Seelsorge und Beratung" stellen wir je einen Bereich der Seelsorge der Evangelischen Kirche in Bayern vor.

Folge 1: Landwirtschaftliche Familienberatung der Landeskirche

Folge 2: Telefonseelsorge

Folge 3: Gehörlosenseelsorge

Folge 4: Schulseelsorge

Folge 5: City-Seelsorgestellen

Folge 6: Seelsorge in Alten- und Pflegeheimen

Folge 7: Gemeindeseelsorge

Folge 8: Klinikseelsorge

Folge 9: Polizeiseelsorge

Folge 10: Notfallseelsorge

Folge 11: Seelsorgeausbildung

Folge 12: Studierendenseelsorge

Folge 13: Gefängnisseelsorge

Folge 14: Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Diakonie

Folge 15: Militärseelsorge

Folge 16: Schwerhörigenseelsorge

Folge 17: Flughafenseelsorge

Folge 18: Blinden- und Sehbehindertenseelsorge