"Die Ärzte sagen, dass das Ohr meines Kindes nicht hört und das kann zu einer Operation führen. Das tut uns in der Seele weh", schreibt ein junges geflüchtetes Elternpaar. Sie machen sich Gedanken, ob sie Schuld an dem Hörverlust des Kindes haben. Sie machen sich Gedanken um die Zukunft des Kindes und fühlen sich mit ihren Fragestellungen von den Fachkliniken allein gelassen.

Eines der Vorurteile: Hörgeräte gleichen einen Hörverlust vollständig aus

"Aber es gibt doch Hörgeräte …!", sagen Freunde vorwurfsvoll zu einer ratsuchenden Person, die mit diesem Anliegen an die Schwerhörigenseelsorge herantritt. Eines der Vorurteile gegenüber Menschen mit Schwerhörigkeit, das sich hartnäckig hält: Hörgeräte gleichen einen Hörverlust vollständig aus. X-mal habe die betroffene Person den Freunden schon erklärt, dass ein Hörgerät nur ein Hilfsmittel ist und dass dieses Gerät maximal unterstützen, aber nicht den Hörverlust vollständig ausgleichen kann. Das belastet die Person. Sie weiß nicht mehr weiter und sucht Rat, Verständnis und ein offenes Ohr.

"Schwerhörigsein ist ein breites Spektrum", sagt Pfarrer Rolf Hörndlein, Schwerhörigenseelsorger der bayerischen Landeskirche. "Eine Schwerhörigkeit zu haben ist mehr als einfach nur schlecht zu hören, es ist ein täglicher Kraftakt in der hörenden Mehrheitsgesellschaft." Wie hoch die Belastung durch die Hörbehinderung ist, sei sehr individuell und hänge von vielen Faktoren ab.

Müde vom täglichen Kraftakt

Zum täglichen Kraftakt gehören beispielsweise der Umgang mit kommunikativ herausfordernden Situationen wie ein Gottesdienstbesuch, das Mittagessen mit den anderen Bewohnenden des Altersheims, Telefon- oder Gruppengespräche, die Handhabung bei möglicher Stigmatisierung und der Umgang mit technischen Hörhilfen wie beispielsweise Hörgerät und FM-Anlage.

Ein Ratsuchender: "Und obwohl ich mit meiner eigenen Hörbehinderung, die mich seit mehr als 25 Jahren begleitet, offen umgehe, sitze auch ich manchmal Situationen, die schwierig vom Hören her sind, einfach schweigend aus. Weil ich müde bin vom täglichen Kraftakt. Dann tut es gut, wenn man Ansprechpartner hat, denen man die Hörbehinderung nicht erst erklären muss. So kann die persönliche Energie-Batterie zumindest hier ein bisschen geschont werden und oft sogar wieder ein Stück weit aufgeladen werden."

Schwerhörigenseelsorge bedeutet auch das Leben der Menschen zu begleiten

Schwerhörigenseelsorge bedeutet nicht nur das Aufhängen der blauen Hinweisschilder für vorhandene induktive Höranlagen in Kirchen, sondern auch das Leben der Menschen zu begleiten und regelmäßig geschützte Räume für sie zu schaffen. Das kann den ganzen Lebensweg begleitend oder aber auch auf (Teil-)Stücken des persönlichen Wegs sein.

Für Menschen mit Hörbehinderung barrierefreie Teilhabe an Beerdigungen wie auch Taufen und Trauungen zu ermöglichen, gehört genauso dazu wie Einzelseelsorge oder Gruppenangebote. Dies alles stets im Spannungsfeld Mensch – (Medizin-)Technik – Kirche, was besonderes Fachwissen erforderlich macht.

Hoher Unterstützungsbedarf

Neben seelsorglichen Fragestellungen bringen Menschen mit Hörbehinderung auch sozialrechtliche Fragen mit und haben einen hohen Unterstützungsbedarf sowohl im technischen Bereich wie bei Fragen rund um die Nutzung und Installation von induktiven Höranlagen, also in der Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit rund um das Thema Hörbehinderung. Auch für Einrichtungen, Institutionen und Kontaktpersonen von Menschen mit Hörbehinderung ist die Schwerhörigenseelsorge eine Ansprechpartnerin. Daher gibt es in der Schwerhörigenseelsorge nicht nur Seelsorge, sondern auch Beratung.

Kontakt

Schwerhörigenseelsorge der bayerischen Landeskirche
Pfarrer Rolf Hörndlein
Lorenzer Platz 8-10
90402 Nürnberg
Tel.: (09 11) 50 72 44 00
E-Mail: info@shs-elkb.de
Internet: www.shs-elkb.de

Mehr Informationen: handlungsfelder.bayern-evangelisch.de/handlungsfeld4.php

Serie "Mitten im Leben – Seelsorge und Beratung"

Seelsorge

In der neuen Serie "Mitten im Leben – Seelsorge und Beratung" stellen wir je einen Bereich der Seelsorge der Evangelischen Kirche in Bayern vor.

Folge 1: Landwirtschaftliche Familienberatung der Landeskirche

Folge 2: Telefonseelsorge

Folge 3: Gehörlosenseelsorge

Folge 4: Schulseelsorge

Folge 5: City-Seelsorgestellen

Folge 6: Seelsorge in Alten- und Pflegeheimen

Folge 7: Gemeindeseelsorge

Folge 8: Klinikseelsorge

Folge 9: Polizeiseelsorge

Folge 10: Notfallseelsorge

Folge 11: Seelsorgeausbildung

Folge 12: Studierendenseelsorge

Folge 13: Gefängnisseelsorge

Folge 14: Ehe-, Familien- und Lebensberatung der Diakonie

Folge 15: Militärseelsorge

Folge 16: Schwerhörigenseelsorge

Folge 17: Flughafenseelsorge

Folge 18: Blinden- und Sehbehindertenseelsorge