In Regensburg eröffnet Simon Oberdorfer mit 26 Jahren 1898 das Velodrom. Ursprünglich als Radsporthalle konzipiert, bringt der gebürtige Regensburger mit dem damals modernen Saalbau urbanen Glamour in die damals provinzielle Donau-Stadt, dessen Konstruktionstechnik der des Pariser Eiffelturms gleicht. Das Verzehrtheater lockt mit Varieté und Circus die Regensburger Bürger in die Vorstellungen. Ergänzt wird das Angebot schon kurz nach der Jahrhundertwende durch Filmvorführungen. 1927 erfolgt der Umbau des Velodroms in das größte und schönste Kino der Stadt. Simon Oberdorfer schreibt so an der Unterhaltungs--und Theatergeschichte seiner Heimatstadt mit. In den 30ger Jahren wird der jüdische Unternehmer enteignet und muss mit seiner Familie fliehen. Die Flucht mit dem Flüchtlingsschiff „St. Louis“ nach Übersee scheitert: Weder Kuba noch die USA lassen die über 900 Flüchtlinge einreisen. Erst kurz vor Ende der Rückfahrt erklären sich drei europäische Staaten bereit, die jüdischen Flüchtlinge aufzunehmen. Bis April 1943 kann sich die Familie Oberdorfer in Holland versteckten, dann folgt die Deportation ins Vernichtungslager Sobibor und ihre Ermordung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das Velodrom wieder ein Familienkino. Doch der einst stolze Saalbau verkommt und verfällt. Das zuletzt ansässige Porno-Kino wird 1974 geschlossen. In den 1990ger Jahren soll das Velodrom sogar abgerissen werden. Nur das beherzte Eingreifen einer Regensburger Bürgerinitiative verhinderte dies. Das Velodrom wird unter Denkmalschutz gestellt und bis 1998 saniert und modernisiert, zunächst als Ausweichspielort, anschließend und bis heute als Spielstätte für größere Produktionen des Regensburger Theaters genutzt. Der Platz vor dem Velodrom wird 2017 in Simon-Oberdorfer-Platz umbenannt, ein Mahnmal für Vielfalt, Respekt und Toleranz. Ein Film von Eva Arnold Kamera: Oliver Portmann • Ton: Maximilian Kühn, Michael Mitschka•Schnitt: Lena Flecke• Farbkorrektur: Manuela Defilla•Ton-Mischung:Ralph Bienzeisler•Redaktion: Gunnar Dillschneider • Leitung: Dr. Roland Gertz Sendetermin: Samstag, 29. Mai 2021, Sat.1 Bayern Dank an: Stadttheater Regensburg Stadtverwaltung Regensburg , Urheber : Aerowest GmbH Museen der Stadt Regensburg Bilddokumentation Stadt Regensburg Münchner Stadtmuseum , Puppentheatermuseum Deutsches Theatermuseum München , Inv. Nr. II 44788 (ID 180498), Inv. Nr. II 44788 (ID 179544) Jüdische Gemeinde Regensburg Mittelbayerische Zeitung : Christian Kober

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