Erinnerungsarbeit als Geste der Demut
Die Erinnerungsarbeit erfordert eine Pause - als Geste des Innehaltens. So beschreibt Charlotte Kaiser ihren Freiwilligendienst im "Illinois Holocaust Museum and Education Center" in Chicago, USA, während des Jahres 2017/2018. Das Thema "Holocaust" ist fester Bestandteil des Schulcurriculums und daher besuchen alle Schülerinnen und Schüler dieses Museum.
Jede Führung endet mit einer Rede eines Holocaust-Überlebenden. Für Charlotte Kaiser ist das Erinnern an die Gräueltaten der Nationalsozialisten eine Geste der Demut gegenüber den Opfern.
Gespräche mit Holocaust-Überlebenden
Zusammen mit einem anderen Freiwilligen war Kaiser hauptsächlich für den Kontakt mit den Überlebenden zuständig. Dadurch verbrachten sie viel Zeit mit ihnen, führten Gespräche und stellten Fragen. Für sie war der Kontakt mit den Überlebenden auch eine Möglichkeit, den Opfern Respekt zu erweisen: Indem man ihre Geschichten hört und ihre Botschaft ernst nimmt.
"Die Arbeit und die Begegnung mit Überlebenden des Holocaust war die stärkste Motivation meiner Bewerbung bei Aktion Sühnezeichen und ist im Nachhinein auch das, was mir in all den Monaten die meiste Kraft gegeben und die größte Freude bereitet hat", schreibt sie in einem Brief an ihre Kirchengemeinde.
Vor ihrem Freiwilligendienst kannte Kaiser nur zwei jüdische Menschen, die in Deutschland vor den Nazis versteckt wurden. Nach ihrem Jahr in Chicago kennt sie nun 50 Holocaust-Überlebende und ihre Lebensgeschichten.
Verpflichtung gegenüber den Opfern
Kaiser betont, dass es eine Verpflichtung gegenüber den Opfern des nationalsozialistischen Terrors gibt. Diese Verpflichtung beinhaltet auch die Auseinandersetzung mit der Geschichte der eigenen Familie. Ein Zeitzeugengespräch mit einem Überlebenden zu führen, sei ein großes Privileg in den USA.
Auch wenn es in Deutschland weniger Überlebende gibt als in den USA, sei es ein wichtiges Element für den Geschichtsunterricht und die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus.
Charlotte Kaisers Freiwilligendienst hat sie in der Überzeugung gestärkt, dass die eindringliche Begegnung mit Zeitzeugen und die wachsame Erinnerung an die Gräueltaten des Holocaust sowie der respektvolle Umgang mit den Überlebenden für eine friedvolle Zukunft unerlässlich sind.
Schauspielerin Charlotte Kaiser über Frieden und ihr Engagement
Aus dem Video:
"Hallo, ich bin Charlotte Kaiser, ich bin 25 Jahre alt, und ich habe 2017, 2018 einen Freiwilligendienst, ein Friedensdienst mit Aktion Sühnezeichen gemacht und habe ein Jahr lang am Holocaustmuseum Educationcenter in Chicago gearbeitet. Ich habe mich damals mit 17 und 18 für diesen Friedensdienst entschieden, weil ich einerseits einfach sehr geschichtsinteressiert waren. Die Aufarbeitung der Shoah und der eigenen Familiengeschichte waren für mich wichtige Themen, die mich damals schon sehr herumgetrieben haben, und diese Form des Friedensdienstes ist einmalig.
Die Geschichte des Holocaust nicht vergessen
Ich betrachte es als unsere Aufgabe, die Geschichten des Holocaust weiterzutragen, in ihrem Auftrag sozusagen. Ich finde es enorm wichtig, dass unsere Geschichte, nicht abstrakt bleibt. Sie hat etwas mit uns zu tun.
Wie schnell das gehen kann, dass ein Krieg entsteht, dass Vernichtung entsteht, das sehen wir immer wieder in der Welt, und ich glaube, dass es deshalb umso wichtiger ist, die Geschichten der Überlebenden, der Menschen, die den Nationalsozialismus und den Holocaust erlebt haben, weiterzutragen und eben auch im Gespräch miteinander zu bleiben.
Was kann jeder für den Frieden tun?
Ich glaube, dass jeder und jede in seinem Alltag und in seinem Leben versuchen kann, andere Meinungen, solange sie nicht menschenverachtend und undemokratisch sind, auszuhalten und trotzdem im Gespräch zu bleiben.
Ich arbeite als Schauspielerin am Theater. Für mich ist auch die Kunst so ein Ort, wo das möglich ist, ein Ort für Utopien, ein Ort erst mal, um eine Bestandsaufnahme zu machen, ein Ort der Begegnung, ein Ort für die Suche nach einer gemeinsamen Orientierung für alle Menschen."
Charlotte Kaiser, im September 2024
Buchtipp zu Charlotte Kaiser
Die Autorin Isa Hauke schrieb ein Buch über die Bedeutung des Freiwilligendienstes im Ausland.
Das Buch hat die ISBN: 978-3639471915 und es hat 184 Seiten und kostet 41, 90 Euro.
Es kann im sozialen Buchhandel bestellt werden: https://www.buch7.de/produkt/die-bedeutung-eines-freiwilligendienstes-im-ausland-isa-hauke/1021674112?ean=9783639471915#produktdetails&partner=sonntagsblatt
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- Ein Sonntagsblatt-Dossier zum Thema Frieden findet Ihr hier.
- Wer eine eigene Geschichte zum Frieden veröffentlichen will - das geht hier.
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