"Bei einer seelischen Krisensituation, darf man niemanden allein im Regen stehen lassen", hat der mittelfränkische Bezirkstagspräsident Armin Kroder (Freie Wähler) die Aufgaben der verschiedenen Akteure bei der Versorgung psychisch kranker Menschen zusammengefasst.

Er nahm an einem Gespräch beim Krisendienst Mittelfranken (KMD) teil, bei dem die neue Struktur der Hilfe vorgestellt wurde.

Ab 1. Juli wird eine 24 Stunden Telefonberatung angeboten

Das bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (BayPsychKHG) mache es möglich, dass der Krisendienst ab dem 1. Juli rund um die Uhr und flächendeckend Menschen in schweren psychischen Krisen helfen kann, sagte der Leiter des KMD, Ralf Bohnert.

24 Stunden am Tag sei nun eine telefonische Beratung möglich. Hausbesuche durch die sozialpsychiatrischen Dienste oder den Krisendienst können jeden Tag von 9 Uhr bis 24 Uhr stattfinden, auch an Wochenenden und an Feiertagen, stellte Bohnert fest.

Betroffene können sich auf vier verschiedenen Wegen Hilfe holen

"Krisen halten sich nicht an Sprechzeiten", sagte er. Daher könnten sich Menschen, die mit dem Gedanken spielen, sich das Leben zu nehmen oder unter starken Depressionen leiden, nun auf vier verschiedenen Wegen Hilfe holen: Online und telefonisch, per Hausbesuch oder bei einem Besuch ohne Termin im Krisendienst selbst.

Psychisch kranke Menschen brauchen eine Struktur, in der sie nicht woanders hingeschickt werden, stellte Bohnert fest. Anders als für körperlich kranke Menschen habe es dies bisher nicht immer gegeben.

Bohnert fordert Hilfe für Menschen mit Eheproblemen und finanziellen Problemen 

Bohnert plädierte aber auch dafür, den Krisenbegriff nicht nur auf Menschen mit einer diagnostizierten psychischen Krankheit anzuwenden. Auch Menschen, die wegen Eheproblemen in der Corona-Pandemie oder finanzieller Probleme nicht mehr weiter wüssten, könnten sich an den Krisendienst wenden. Seinen Angaben nach fallen darunter etwa 35 Prozent der Hilfesuchenden.

Anke Frers vom Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadtmission Nürnberg erläuterte, dass in den Zeiten der Corona-Pandemie mehr Menschen Hilfe brauchten, die bisher stabil mit ihrer Krankheit lebten.

"Da sind bewährte Strukturen weggebrochen", manche litten unter Angst vor Ansteckung oder unter den finanziellen Folgen von Kurzarbeit. Immer mehr junge Menschen fühlten sich einsam, betonte Bohnert.

Hilfebedarf in nächtlicher Rufbereitschaft lässt sich schwer einschätzen

Rund 5.000 Menschen haben sich nach seinen Angaben im Jahr 2020 in Mittelfranken an den Krisendienst gewandt, weil sie nicht mehr weiter wussten oder weil sie sich um einen Angehörigen sorgten. Der Hilfebedarf in der nächtlichen Rufbereitschaft lasse sich aber derzeit noch schwer einschätzen, sagte der Psychologe.

Das BayPsychKHG verpflichtet die Bezirke seit 2018, für Menschen in akuten seelischen und sozialen Notlagen aufzubauen, das 365 Tagen im Jahr verfügbar ist. Die Öffnungszeiten wurden von Januar an bereits an 365 Tagen von 9 bis 24 Uhr erweitert. Betroffene können sich seit März dieses Jahres neben der lokalen auch an eine bayernweit einheitliche kostenfreie Rufnummer wenden.