Der Ex-Militär Jair Bolsonaro ist am Ziel: Mit gut 55 Prozent der Stimmen ist er zum nächsten brasilianischen Präsidenten gewählt worden. Von 1. Januar an wird der ultrarechte Politiker das größte Land Lateinamerikas regieren. Der Rechtsruck auf dem Subkontinent, der ein Jahrzehnt lang mit wenigen Ausnahmen von linken und gemäßigt linken Regierungen gelenkt wurde, ist besiegelt.

US-Präsident Donald Trump und die konservativen Präsidenten von Argentinien und Chile waren die ersten, die Bolsonaro noch am Sonntagabend zu seinem klaren Wahlsieg gratulierten. Fernando Haddad, der unterlegene Kandidat der gemäßigt linken Arbeiterpartei PT, verzichtete entgegen den Gepflogenheiten auf eine Gratulation. "Wir werden uns dafür einsetzen, dass der Rechtsstaat und die Menschenrechte verteidigt werden", erklärte Haddad, nachdem er seine Niederlage eingestanden hatte. Der frühere Bürgermeister von São Paulo kündigte eine konsequente Opposition an. Brasilien werde nach der Wahl noch gespaltener sein als davor. "Bürgerrechte, Arbeitsrechte und der Sozialstaat stehen unter einer Regierung Bolsonaro auf dem Spiel."

Bolsonaro provoziert gerne mit rassistischen und frauenfeindlichen Äußerungen. Politischen Gegnern und vor allem Aktivisten von Haddads Arbeiterpartei drohte der 63-Jährige im Wahlkampf unumwunden mit Verfolgung und Gefängnis. Zugleich schwärmt er von der Militärdiktatur (1964-1985). Gegen die grassierende Kriminalität will er mit harter Hand vorgehen, sprach im Wahlkampf von einer Bewaffnung der Bevölkerung und genereller Straffreiheit für Polizisten bei tödlichen Einsätzen.

Wahlergebnisse in Brasilien

Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses setzte Bolsonaro allerdings erstmals auf einen versöhnlichen Ton. "Ich werde die Verfassung, die Demokratie und die Freiheit verteidigen. Dies schwöre ich vor Gott", sagte er. An diejenigen gerichtet, die seine polemischen Reden kritisieren, versprach er, unterschiedliche Meinungen und religiöse Glaubensrichtungen zu respektieren. Zudem kündigte der ehemalige Hauptmann einen schlanken Staat und weniger Bürokratie an. "Verschwendung und Privilegien müssen beendet werden", erklärte Bolsonaro. "Wir werden Brasilien entfesseln."

Die Brasilianer haben zweifelsohne auch für einen Neuanfang gestimmt. Jahrelange Korruptionsskandale und eine massive Wirtschaftskrise haben eine tiefe Unzufriedenheit ausgelöst, die sich Bolsonaro zunutze machte. Allerdings weiß niemand in Brasilien so richtig, in welche Richtung sich das Land nun wandeln wird. Bolsonaros Team hat weder ein politisches Programm noch einen konkreten Maßnahmenkatalog vorgelegt.

Widersprüchliche Statements von Bolsonaro

Stattdessen gab das zukünftige Staatsoberhaupt oft widersprüchliche Statements von sich. Aus den Vereinten Nationen, die er mal als linksextremistisch bezeichnete, und dem Pariser Klimaabkommen wollte er zuerst austreten, machte kürzlich jedoch einen Rückzieher. Die angekündigte Zusammenlegung von Landwirtschafts- und Umweltministerium wurde nach einer Beratung mit Unternehmensvertretern ebenfalls gestoppt.

Ähnliches gilt in der Wirtschaftspolitik: Bolsonaros designierter Wirtschaftsminister Paulo Guedes kündigt die schonungslose Privatisierung aller Staatsbetriebe an. Der künftige Präsident hingegen will die staatlichen Produzenten von Erdöl und Energie nicht verkaufen und steht auch unter Druck der Militärs, die weniger auf Liberalismus, sondern auf eine nationalistische Wirtschaftspolitik setzen.

Sparpolitik und Sicherheit mit populistischen Vorschlägen

Bolsonaros Versprechen vom Wahlabend, das entzweite Land zu einen, wird nur schwer einzuhalten sein. Die angekündigte Sparpolitik und die Abschaffung von Sozialprogrammen, die das politische Erbe seiner Widersacher aus der Arbeiterpartei sind, dürften Gewerkschaften und die arme Bevölkerungsmehrheit bald auf die Barrikaden bringen.

Und sein wichtigstes Wahlkampfthema, die Sicherheitspolitik, strotzt von populistischen Vorschlägen: Die Kriminalität soll mit einer Bewaffnung der Bürger und einem Freibrief für Polizeibeamte beim Töten von Verbrechern bekämpft werden. Statt mehr Sicherheit auf den Straßen befürchten Experten, dass mit solchen Maßnahmen die ohnehin enorme Zahl von gewaltsamen Todesfällen in Brasilien noch weiter ansteigen wird.

Was die Wähler über den Ausgang der Wahlen denken, lesen Sie hier.