Am Wochenende trafen sich im Dreiländereck zwischen Brasilien, Argentinien und Paraguay, in der brasilianischen Stadt Foz de Iguaçu, etwa 2.200 Frauen, um das 500-jährige Jubiläum der Reformation zu feiern und über die Rolle der Frau in der Kirche, damals und heute, zu reden. Ich habe mit zwei der Organisatorinnen gesprochen.
Raquel Pessoa de Oliveira, Fórum de Reflexão da Mulher Luterana:
"Ich erhoffe mir von diesem Treffen, dass es die Frauen, die hier sind, stärkt, in dem, was sie tun. Dass es sie vielleicht sogar dazu bewegt, Führungsrollen innerhalb der Kirche zu übernehmen und sich für Solidarität und Geschlechtergerechtigkeit einzusetzen. Außerdem finde ich es schön, dass wir hier die Frauen der Reformation wiederentdecken. Die Geschichte hat sie bisher ja weitgehend vergessen.
Das Wort 'Feminismus' ist in Brasilien sehr negativ konnotiert, manche denken, es ginge dabei um einen Kampf zwischen Männern und Frauen. Dabei geht es nur um Gleichheit. Ich wünsche mir, dass Frauen in der Kirche nicht immer nur assistieren und pflegen und kochen, sondern auch Entscheidungen fällen. Aber es gibt immer noch Pfarrer, die über die Frauen in ihrer Kirche sagen: 'Das sind meine Mädchen.'
Ernstnehmen sieht anders aus. Ich habe auch von einigen Frauen gehört, die nicht hierher kommen durften, weil ihre Männer es nicht erlaubten. Das wäre ja sowas wie Urlaub für die Frau! Das Weibliche ist für mich etwas, das kreativ ist, das Regeln bricht. Ich finde, davon könnte es in der Kirche mehr geben - egal, ob bei Frauen oder Männern."
Carmen Siegle, Pfarrerin:
"Frauen sind in der Kirche sehr präsent. Aber eher beim Machen als beim Planen und Entscheiden. Es gibt viele Frauengruppen, es ist toll, sie hier zu sehen. Aber sie arbeiten bisher eher isoliert voneinander. Ich hoffe, hier finden sie zusammen und gehen gestärkt zurück in ihre Gemeinden. Kirche ist divers und dieser Reichtum ist doch schön! Aber wir sind immer noch eine Kirche, in der die Männer das sagen haben.
Innerhalb der Kirche und innerhalb der Gesellschaft gibt es einen großen Widerstand gegen Frauen, die Entscheidungsmacht fordern. Zwischen dem feministischen Diskurs und unserer Realität liegen Welten. Die Arbeit der Frauen wird nicht wertgeschätzt. Ich weiß wirklich nicht, warum die Kirche es nicht besser hinkriegt, beide Geschlechter gleich zu behandeln. Es sollte hier doch besser laufen als in anderen Bereichen.
Aber auch hier sind wir nur ein Spiegel der Gesellschaft. Es gibt Fortschritte, ja. Und wir versuchen auch im Kleinen was zu ändern, zum Beispiel bei der Sprache. Bei den Liedern, die hier gesungen werden, benutzen wir bewusst die weibliche Form. Damit Frauen erst mal sichtbar werden."