Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat am Donnerstag in Fürth "für eine Globalisierung der Menschlichkeit" plädiert. Bei einem Kongress zum 100-jährigen Bestehen des Evangelischen Kindertagesstättenverband in Bayern (evKITA) sagte er, eine wichtige Grundlage hierfür sei, dass Globalisierung von ihrer einseitigen Ausrichtung auf die Wirtschaft befreit werde. Evangelische Bildung sollte einen "Welthorizont" in sich tragen, denn Bildungsarbeit mit Kindern finde heute in einer zusammenwachsenden und gleichzeitig auseinanderdriftenden Welt statt.

"Der Umgang mit Fremden und Fremdheit wird immer komplexer", erklärte Bedford-Strohm. Er sprach sich dafür aus, dass sich kirchliche Bildungsarbeit einer interkulturellen Bildung und Verständigung vornimmt. In der Zukunft werde man verstärkt auf interreligiöses Kooperationslernen setzen, sagte der Landesbischof. Dies könne dazu beitragen, dem Anderen "Achtung und Interesse entgegenzubringen und gleichermaßen die eigenen Überzeugungen im interreligiösen Gespräch deutlich zu machen". 

Bedford-Strohm kritisierte, dass in Deutschland Bildungschancen stark von der sozialen Herkunft der Kinder und Jugendlichen abhängig seien. Besonders gravierend sei, dass Kinder und Jugendliche aus schwierigeren finanziellen Verhältnissen auch mehr Angst vor schlechten Schulnoten hätten und pessimistischer in die Zukunft blickten. Kirche müsse hier mahnen und sich selbst dafür engagieren, dass alle Kinder Chancen erhalten. Auch in Sachen Inklusion, erklärte Bedford-Strohm, klafften Anspruch und Wirklichkeit noch weit auseinander.

Für die Zukunft wichtig nannte der Landesbischof auch eine "bessere Verzahnung" von Angeboten kirchlicher Bildungsarbeit mit der Religiosität in den Familien. Bei Taufen könne man heute nicht mehr selbstverständlich von hergebrachten Familienformen ausgehen. Deshalb müssten beispielsweise Tauffeste in der Gruppe oder Taufen in der Kindertagesstätte weiterentwickelt werden, "um wieder Brücken zur innerfamiliären religiösen Kultur schlagen zu können".

Evangelische Kindertagesstätten wirken in die Welt

Bedford-Strohm sagte, er wünsche sich, dass in den evangelischen Kitas "überall die wunderbaren Hoffnungsgeschichten der Bibel erzählt werden". Diese seien besonders wichtig in einer Welt, "deren vielleicht knappste Ressource die Hoffnung ist", sagte er laut einer Mitteilung: die Geschichten etwa vom Volk Israel, das aus Ägypten in die Freiheit geführt wurde, oder von Jesus von Nazareth, der eine Liebe ausstrahlte, die die Menschen noch nie erfahren hatten, oder von den Frauen am leeren Grab, die vom Sieg des Lebens über den Tod berichteten. Er wünsche sich, dass sich diese Geschichten "in die Story des Lebens der Kinder einschreiben" und die Kinder so ein tiefes Gefühl des eigenen Werts entwickeln, "aus dem heraus sie auch den Nächsten zu lieben lernen", sagte der Landesbischof.

Er kritisierte die vielerorts vorherrschenden Erwartungen, dass Kinder schon in den Kitas auf den Leistungswettbewerb vorbereitet werden sollten sowie möglichst früh "lesen, rechnen, schreiben können und am besten bereits im Kindergarten Chinesisch oder wenigstens Englisch lernen" sollten. Es dürfe nicht das primäre Ziel sein, die Kinder schon in ihren frühesten Lebensjahren fit für die Globalisierung zu machen, sagte der EKD-Ratsvorsitzende. Vielmehr müsse die Bildung widerspiegeln, "dass jeder Mensch geschaffen ist zum Bilde Gottes und deswegen nie primär Mittel zum Zweck etwa einer florierenden Wirtschaft sein kann".

Im evKITA sind 800 Mitglieder mit rund 1.400 Einrichtungen der Kindertagespflege Mitglied. Sie betreuen über 90.000 Kinder. Der Verband berät seine Mitglieder in pädagogischen oder organisatorischen Fragen und bei der Weiterentwicklung.