Der evangelische KITA-Verband in Bayern vertritt rund 800 Träger von etwa 1.400 Einrichtungen für über 80.000 Kinder. Entstanden ist er in einer Zeit, als nach dem Ersten Weltkrieg eine Diskussion über "die Rolle der konfessionellen Schulen und damit den Einfluss der Kirchen auf das Bildungswesen entbrannt war", heißt es in einer Chronik des Verbandes. Viele seiner Aufgaben sind über die Weimarer Republik, den Zweiten Weltkrieg und die frühere Bundesrepublik bis heute gleich geblieben.

Kitas Anfang des 20. Jahrhunderts

Am 17. Dezember 1919 kamen 13 Gründungsmitglieder in Nürnberg zusammen, um den "Landesverband evangelischer Jugendhorte und Kleinkinderanstalten" zu gründen. Die Vertreter des Kleinkinderschulseminars der Diakonissenanstalt in Augsburg, der Diakonissenanstalt Neuendettelsau, des Löhe-Hauses in München und verschiedener Nürnberger Krippen wollten sich gegen erwartete staatliche und kommunale Eingriffen wappnen. Sich austauschen und Beratung und Fortbildung anbieten sei das Ziel, hieß es im ersten Protokoll. Im Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922 wurden die Rechte kirchlicher Träger schließlich gestärkt.

Kirchliche Kinderpflege und der "Kindergarten", den der Reformpädagoge Friedrich Fröbel 1840 gegründet hatte, waren sich lange Zeit nicht grün. Der Leiter der Neuendettelsauer Diakonissenanstalt, Wilhelm Löhe, beispielsweise sprach den Fröbelschen Kindergärten, die den Aspekt der Bildung hervorhoben, zunächst die christliche Barmherzigkeit ab. Aus christlicher Sicht sollten sich die Kinderbewahranstalten den Kindern armer Familien widmen. Nichtsdestotrotz gab es für das Personal in den evangelischen Einrichtungen pädagogische Fortbildungen.

Kitas im Nationalsozialismus

1929 sind politisch wieder schwierige Zeiten, in denen soziale Probleme und hohe Arbeitslosigkeit die Stimmung belasten. Die Nationalsozialisten gewinnen Sitze in den Parlamenten. Ab dem Jahr 1935 müssen sich viele Kirchengemeinden gegen die Gleichschaltung wehren, die die Kindergärten unter die Trägerschaft der "Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt" stellen will. Im Landeskirchlichen Archiv sind beispielsweise Belege für das zähe Ringen um den Kindergarten in Lindau-Reutin zu finden. Hier wie an anderen Orten ist die Taktik, sich auf den Landesgeschäftsführer der Inneren Mission zu berufen, ohne dessen Einverständnis die kirchlichen Kindergärten nicht handeln könnten.

Kitas nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Jahr 1949 müssen noch viele Frauen für den Lebensunterhalt der Familien sorgen, weil ihre Männer gefallen oder vermisst sind. Der Wiederaufbau der Kinderbewahranstalten ist besonders wichtig. Es fehlen aber evangelische Erzieherinnen, viele Gebäude sind beschädigt. Der Verband trifft sich zu einer ersten Mitgliederversammlung nach dem Krieg im Juni 1947. Die herrschende Armut zeigt sich in der Forderung an das Innenministerium, es müsse regelmäßige ärztliche Untersuchungen der Kleinen zur Pflicht machen. Man bedauert außerdem, dass das Evangelische Hilfswerk keine Lebensmittel für eine zusätzliche Speisung der Kindergärten geben kann.

Andererseits ist man aber auch der Meinung, "die Zeit der Improvisation ist vorbei". Die Ausbildung der Erzieherinnen ist nun überall wieder aufgenommen, kirchliche Spenden ermöglichen es, dass auch junge Frauen aus Flüchtlingsfamilien den Beruf erlernen können. Bis 1955 wird für die Kindergärtnerinnen ein Tariflohn eingeführt.

Kitas zur Zeit der Studentenproteste

Beim 50. Jubiläum des Verbandes 1969 in der Zeit der Studentenproteste stehen große Veränderungen im Bildungssystem vor der Tür: Aus den Verwahranstalten werden Bildungsanstalten, die auf die Schule vorbereiten sollen. Kindergärtnerinnen sollen in höheren pädagogischen Fachschulen ausgebildet werden. Nach dem Jahr 1972 steigen die Zahlen der Mitglieder im Verband der Kindertagesstätten, denn das Bayerische Kindergartengesetz ist in Kraft und ermöglicht es Kirchengemeinden, Kindergärten in eigene Trägerschaft zu nehmen.

Kitas nach dem Mauerfall

1989 im Jahr des Mauerfalls blickt man auf 150 Jahre Kindergärten in Bayern zurück und freut sich, dass das Bemühen Erfolg hatte, in jeder Kindergartengruppe eine zweite pädagogische Kraft einzusetzen. Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz wird 1996 erfüllt. Und weil die Tagespflege immer mehr an Bedeutung gewinnt, benennt sich der Verband um in "Bayerischer Landesverband Evangelischer Tageseinrichtungen und Tagespflege für Kinder".

Bis zum 31. Dezember 1999 war der Kindertagesstättenverband Teil des Diakonischen Werks Bayern (DW). Am 1. Januar 2000 wird er eine rechtlich eigenständige Institution, die Kirche und Diakonie in Bayern in Sachen Kindertagesbetreuung vertritt. Etwa 30 Mitarbeitende wechseln vom DW in den Verband. Schwerpunktthema bleibt die Qualitätssicherung und die Chancengleichheit für alle Kinder.

Kitas in der Gegenwart

Kurz vor dem Jahr 2009 hat der Landesverband sein Konzept der Sprachberater umgesetzt und ist in diesem Bereich Vorreiter in Bayern. 36 Sprachberaterinnen sind in den Mitgliedseinrichtungen unterwegs. Zum 90. gibt man sich eine neue Verbandsordnung und den kürzeren Namen "Evangelischer KITA-Verband". Eine Strukturreform bedeutet neuerdings einen zweiköpfigen hauptamtlichen Vorstand. In dieser Zeit protestieren Erzieherinnen auf den Straßen, dass es mehr Betreuungskräfte gegen muss. Sie fragen sich, wie die Qualität der Erzieherinnen-Arbeit in Zukunft erhalten bleibt.

Wieder zehn Jahre später, am 100. Geburtstag des Verbandes im Jahr 2019, wird in die Zukunft gesehen. "Heute haben wir wieder das Gefühl, einen großen Wandel zu erleben", schreiben die Vorstände Christiane Münderlein und Dirk Rumpff. Das Aufbrechen gewohnter Strukturen habe Auswirkungen auf das Familien- und Arbeitsleben. Sie laden zu einem Zukunfts-Kongress.

Veranstaltungstipp

Kongress "Die Zukunft beginnt jetzt" in Fürth

Zu seinem 100-jährigen Bestehen veranstaltet der Evangelische Kindertagesstättenverband in Bayern (evKITA) vom 3. bis 4. Juli in der Stadthalle Fürth einen Kongress. Unter dem Motto "Die Zukunft beginnt jetzt" können sich Fachkräfte weiterbilden. Informationen zum Programm finden Sie auf der Website des bayerischen Kita-Verbandes.

Heinrich Bedford-Strohm

Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern

Heinrich Bedford-Strohm ist seit 2011 Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) und war von 2014 bis 2021 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Bedford-Strohm wurde 1960 in Memmingen geboren. Er studierte Theologie in Erlangen, Heidelberg und Berkeley (USA) und promovierte anschließend. Als Professor lehrte und lehrt er an verschiedenen Universitäten, u.a. in Gießen, Bamberg, New York (USA) und Stellenbosch (Südafrika). Sein Vikariat absolvierte er in einer Kirchengemeinde in Heddesheim, als Pfarrer war er in Coburg tätig.