München (epd). Die Landtagswahl im Herbst 2023 wirft schon jetzt ihre Schatten voraus - eines der Themen im Wahlkampf wird sicher die Pflege sein. Immer mehr Pflegebedürftige benötigen immer mehr Pflegeplätze - es werden also auch mehr Pflegekräfte gebraucht, doch immer öfter verlassen Mitarbeitende den Pflegesektor. Die SPD-Fraktion sieht die Staatsregierung in der Pflicht zu handeln. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wies die Kritik am Mittwoch zurück.
Die Landtags-SPD forderte die Staatsregierung dazu auf, für eine ausreichende Pflege-Infrastruktur im Freistaat zu sorgen. Hintergrund ist, dass die von CSU und Freien Wählern im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2018 angekündigte Pflegeplatzgarantie zum 1. Januar 2023 offenbar nicht wie geplant kommt. SPD-Fraktionschef Florian von Brunn sagte, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) habe die groß angekündigte Pflegeplatzgarantie nun einfach still und heimlich beerdigt.
SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann fordert einen "Fahrplan", wie die Staatsregierung das Problem konkret und zeitnah angehen will. Zwar habe der Minister im Gesundheitsausschuss ein sogenanntes Strategiepapier präsentiert: "Allerdings hat er die Träger von Pflegeeinrichtungen nicht einbezogen." Fraktionschef von Brunn wies darauf hin, dass die Bundesländer nach der geltenden Sozialgesetzgebung für die pflegerische Infrastruktur in ihrem Gebiet verantwortlich sind.
Holetschek sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage, die Staatsregierung halte weiterhin an dem Ziel fest, "dass alle Pflegebedürftigen die Pflege vor Ort bekommen", die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. "Klar ist: Nicht jeder pflegebedürftige Mensch braucht oder will einen Platz in einer stationären Pflegeeinrichtung." Es gehe vielmehr darum, dass alle "bedarfsgerecht, passgenau und wohnortnah" versorgt würden: "Am besten in den eigenen vier Wänden."
Der Minister betonte, die Staatsregierung habe mit den kommunalen Spitzenverbänden, dem Landesamt für Pflege und der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände ein "gemeinsames Strategiepapier zum Ausbau der Pflegeinfrastruktur beschlossen". Man werde "mit einem ganzen Maßnahmenbündel" gemeinsam mit den Kommunen vorhandene Pflegestrukturen stärken und neue schaffen. Dazu müssten die Kommunen mit ihren Bürgern gemeinsam Konzepte entwickeln.
Von Brunn warnte vor einem weiteren Ausbluten des Pflegeberufs. Es kehrten nicht nur Mitarbeiter der Branche den Rücken, in den kommenden fünf Jahren träten auch bis zu 20 Prozent der Pflegekräfte in den Ruhestand. "Wir brauchen einerseits sensible Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland, und wir müssen die Arbeitsplätze und die Ausbildung attraktiver machen - etwa, indem der Staat den Bau von Werkswohnungen fördert." Waldmann forderte zudem den Abbau bürokratischer Hürden.
Die im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern vereinbarte Pflegeplatzgarantie hätte bedeutet, dass alle Menschen in Bayern ab Pflegestufe 2 von 5 ein Anrecht auf einen stationären Pflegeplatz in Wohnortnähe gehabt hätten. Ob und wie dieses Recht dann auch einklagbar gewesen wäre, ist nicht klar.