München (epd). Mehr als 50 bayerische Krankenhäuser wären keine "vollwertigen" Krankenhäuser mehr, sollte die Krankenhausreform so kommen, wie sie zurzeit von der Bundesregierung geplant wird. Das befürchtet zumindest der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), nachdem er ein von ihm dazu in Auftrag gegebenes Gutachten auf dem Tisch hat. Auch in Häusern mit einem breiteren Versorgungsangebot würde sich das Angebot nach den Plänen der Krankenhauskommission verschlechtern, sagte Holetschek am Mittwoch. Knapp 100 Krankenhäuser würden nur noch eine stationäre Basisversorgung anbieten.

Laut Gutachten würden 53 der rund 400 bayerischen Krankenhäuser auf ein Level herabgestuft, auf dem sie nur eine ambulant-stationäre Basisversorgung anbieten würden, zum Beispiel bei Diabetes- oder Kreislaufproblemen. In diesen Häusern könne keine Notfallversorgung und keine reguläre stationäre Versorgung mehr stattfinden, sagte Holetschek. Auch andere in der Fläche relevante Angebote würden dort nach der Konzeption des Bundes wegfallen, etwa die Geburtshilfe.

Der Präsident des Bayerischen Bezirketags, Franz Löffler, zeigte sich ebenfalls vom Gutachten alarmiert. Auch auf dem Land müssten psychiatrische Versorgungsangebote für die Menschen erreichbar bleiben, sagte er. Mit der Reform dürfe nicht gefährdet werden, was in den vergangenen Jahrzehnten für Menschen mit psychischen Erkrankungen erreicht worden sei. Gerade mit den 47 Tageskliniken für Erwachsene und 18 tagesklinischen Angeboten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie hätten die Bezirke die Psychiatrie zu den Menschen vor Ort gebracht.

Das vom Bund vorgeschlagene Stufenmodell würde im Flächenland Bayern die medizinische Versorgung erschweren, meldeten sich nach dem Gutachten auch die bayerischen Landräte und Landrätinnen zu Wort. Sie fordern deswegen eine gänzlich neue Herangehensweise an eine etwaige Strukturreform der Krankenhäuser.

"Die Rolle unserer Krankenhäuser bei der medizinischen Flächenversorgung ist weit größer als auf den ersten Blick ersichtlich", sagte der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Thomas Karmasin. Es gehe nicht nur um die Behandlungen in den Häusern, sondern auch um die Pflegeausbildung und die ärztliche Weiterbildung im ländlichen Raum. Sie stellten vielfach auch die Notärzte.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Waldmann, warf Holetschek vor, es sei unverantwortlich, "jetzt überall zu zündeln und den Menschen Angst zu machen". Sie forderte ein konstruktives Zusammenspiel von Bund und Ländern, um eine gute Reform auszuarbeiten. "Auf brauchbare Beiträge aus Bayern warten wir bis heute leider vergeblich". Alle Experten seien sich einig, dass es eine Krankenhausreform brauche. Verzichtete man auf sie, käme es erst recht zu Schließungen, "dann aber völlig unstrukturiert", sagte Waldmann weiter.

Christina Haubrich, gesundheitspolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, erklärte, bei den Empfehlungen der Krankenhauskommission handele es sich derzeit um eine Stellungnahme und nicht um ein beschlossenes Konzept. Änderungsbedarf werde noch zwischen den Fraktionen und den Ländern abgestimmt. Bei den Reformbemühungen gehe es um eine qualitativ hochwertige, langfristige und flächendeckende Versorgung aller Patientinnen und Patienten. "Dafür müssen wir jetzt gemeinsam an einem Strang ziehen", sagte Haubrich. Der bayerische Gesundheitsminister versuche aber, den Prozess "zu torpedieren".

Er zündele nicht, sondern versuche, einen Flächenbrand zu verhindern, reagierte Holetschek auf die Kritik. Es brauche eine Krankenhausreform, die aber nicht zulasten der Strukturen vor Ort gehen dürfe. "Die stationäre Versorgung auch in der Fläche ist für mich nach wie vor nicht verhandelbar", sagte er. "Ohne finanzielle Unterstützung können die Krankenhäuser den notwendigen Transformationsprozess nicht bewältigen", sagte der Minister. Er forderte daher einen Krankenhausgipfel mit den Ländern, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Klinik-Vertretern.

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