Würzburg (epd). Die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hat beim Staatsakt für ihre Vorgängerin, Barbara Stamm, am Freitag im Würzburger Kiliansdom die Verstorbene als eine Frau "mit viel Herz" und eine "Präsidentin für das Volk" gewürdigt. "Für mich war sie eine bayerische Löwin", sagte Aigner und wie eine Löwin habe Stamm auch für die Rechte der Frauen gekämpft. Die Sozialpolitikerin sei immer ansprechbar gewesen für die Menschen und habe als Landtagspräsidentin als eine Dienerin der Demokratie gewirkt.
Beim Abschied von Barbara Stamm sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU), mit ihr gehe "ein Fixstern am Himmel Bayern". Sie sei die bedeutendste und immer auch die beliebteste Politikerin im Freistaat gewesen - über die Parteigrenzen hinweg respektiert.
Die älteste Tochter Stamms, Claudia Stamm, sagte in ihrem Nachruf für die Familie, ihre Mutter habe eine schlimme Kindheit gehabt, über die sie nie richtig gesprochen habe, die aber ihr Antrieb gewesen sei, sich politisch für diejenigen einzusetzen, denen es nicht so gut gehe. "Es war ihre Art, Gefühle zu zeigen und so Politik zu machen", erinnerte Claudia Stamm, die selbst in die Politik gegangen ist. Noch kurz vor ihrem Tod habe ihre Mutter sich bei ihrer Pflegerin bedankt und sich ausdrücklich gewünscht, "dass die Pflege endlich so wertgeschätzt wird, wie sie es nötig hat", berichtete die Tochter. Nun werde die neue "Bayerische Akademie für Pflege, Sozialberufe und Ehrenamt" in Kloster Maria Bildhausen in Münnerstadt nach Barbara Stamm benannt.
Auch der Würzburger katholische Bischof, Franz Jung, beschrieb in seiner Predigt Barbara Stamm als Frau, die sich für viele Notleidende kämpferisch eingesetzt habe. Er zählte ihren Einsatz für die Schwangerenkonfliktberatung, für Flüchtlinge, Menschen mit Behinderung oder die Hospizhilfe auf. Stamm sei eine "kämpferische Natur" gewesen, die über eine hohe Frustrationstoleranz verfügt habe. "Sie war charmant und witzig, kannte den langen Weg durch die Instanzen der Politik, aber scheute sich auch nicht, auf den Tisch zu hauen", sagte der Bischof, "ihr Wort hatte Gewicht".
Stamm war am vergangenen Mittwoch (5. Oktober) im Alter von 77 Jahren ihrem Krebsleiden erlegen. Stamm war von 1976 bis 2018 Mitglied des bayerischen Landtags für die CSU, von 1994 bis 2001 war sie bayerische Sozial- und Gesundheitsministerin, von 2008 bis 2018 Landtagspräsidentin. Von ihr nahmen im Kiliansdom zahlreiche Wegbegleiter Abschied. Es kamen der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die frühere Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Comedian Volker Heißmann für den Veitshöchheimer Fasching, Vertreterinnen und Vertreter der Lebenshilfe, deren Vorsitzende sie war, des Roten Kreuz oder der von Stamm gegründeten Hilfe für Rumänien.
Am Vormittag hatten zahlreiche Menschen die Möglichkeit ergriffen, sich am aufgebahrten Sarg, der mit einer weiß-blauen Flagge bedeckt war, von Barbara Stamm zu verabschieden.