Berlin, München (epd). Zur Durchsetzung der Impfpflicht für das Personal von Kranken- und Pflegeeinrichtungen in Deutschland sind laut einem Zeitungsbericht nur in geringem Umfang Sanktionen verhängt worden. Knapp 270.000 Verstößen gegen das von März bis Ende Dezember 2022 geltende Gesetz stünden lediglich rund 8.250 Bußgeldverfahren oder Tätigkeitsverbote gegenüber, berichtete die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf eine eigene Umfrage unter allen 16 Landesregierungen. Fünf von ihnen machten der Zeitung zufolge in Teilen unvollständige Angaben.
Die meisten Verstöße wurden demnach mit 62.184 in Bayern registriert (Stand Anfang Dezember), gefolgt von Sachsen mit 45.257 (Stand Ende Oktober). Dem Statistischen Bundesamt zufolge arbeiten in Deutschland 5,8 Millionen Menschen im Gesundheitssektor.
Bundesweit zählte die "Welt am Sonntag" 6.975 Bußgeldverfahren gegen Beschäftigte des Gesundheitssektors. Sieben Länder hätten angegeben, kein einziges Bußgeldverfahren angestrengt zu haben. Hier hätten die Gesundheitsämter offenbar den vom Gesetzgeber gewährten Ermessensspielraum genutzt und vor dem Hintergrund einer schlechten Personalausstattung in Krankenhäusern und Pflegeheimen keine Sanktionen verhängt.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, Heike Baehrens, verteidigte das Gesetz dennoch. "Die einrichtungsbezogene Impfpflicht war eine sachgerechte und wichtige Maßnahme, um die Verletzlichsten in unserer Gesellschaft zu schützen", sagte sie der "Welt am Sonntag". Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, kritisierte indes die mangelhafte Umsetzung. "Bei allem Verständnis für Ressourcenengpässe und Personalmangel sollten die Länder auf Spurensuche gehen und analysieren, wieso geltendes Recht so spärlich durchgesetzt wurde", sagte er der Zeitung.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, kritisierte: "Die neuen Zahlen sind entlarvend. Sie zeigen: In weiten Teilen Deutschlands war die einrichtungsbezogene Impfpflicht faktisch nie in Kraft." Die unterschiedliche Handhabung des Gesetzes in den Ländern sei ungerecht, insbesondere aus Sicht jener Beschäftigten, denen die Arbeit tatsächlich untersagt worden sei.