München, Würzburg (epd). Würzburgs Bischof Franz Jung sieht derzeit einen großen "Umdenkungsprozess" in der katholischen Kirche in Bezug auf Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen. "Wir müssen auf die Wirklichkeit schauen, wie sie ist, die Menschen so annehmen, wie sie sind, und mit ihnen zusammen einen Weg gehen", sagte Jung am Freitag in der Sendung "Bayern 2 debattiert". Die Kirche lerne momentan, "dass Menschen in schwierigen Lebenssituationen Hilfe und Begleitung bedürfen und nicht Ausschluss und Stigmatisierung". Am Montag hatten sich 125 Haupt- und Ehrenamtliche aus der katholischen Kirche bei der Kampagne "#OutInChurch" als nicht heterosexuell geoutet. Die ARD strahlte am selben Tag die begleitende Dokumentation "Wie Gott uns schuf" aus.

Zur Angst vieler Mitarbeiter in katholischen Institutionen, sich vor ihrem Arbeitgeber als nicht heterosexuell zu outen, sagte Jung, die im Film gezeigte Sprachlosigkeit von Vorgesetzten sei sehr peinlich. Man müsse schauen, wie in einem Arbeitsverhältnis offen über Sexualität gesprochen werden könne, um eine tragfähige Beziehung miteinander aufzubauen. Eine Aufrechterhaltung der Fassade der Kirche, die wichtiger sei als das wirkliche Leben, dürfe es in Zukunft nicht mehr geben - weder beim Thema Missbrauch noch beim Thema Homosexualität: "Es kann keine Lehre geben, wo man die Wirklichkeit ausblendet." In Deutschland und darüber hinaus gebe es gerade ein intensives Ringen darum, die Kategorie der Geschlechtlichkeit theologisch neu zu bedenken.

Der überregional bekannte katholische Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose, selbst schwul und auch an der Kampagne "#OutInChurch" beteiligt, sagte in der Sendung, er hoffe, "dass sich jetzt konkret das Dienstrecht ändert". Auch viele Bischöfe seien nicht mehr mit dem katholischen Arbeitsrecht in Deutschland zufrieden. Eine Änderung liege in ihrer Hand, "dafür muss man nicht nach Rom gehen". Der Termin für die Kampagne sei bewusst gewählt worden, sagte Hose, denn vom 3. bis 5. Februar finde in Frankfurt die Dritte Versammlung im Reformprozess "Synodaler Weg" statt. Bischof Jung schränkte ein, er glaube nicht, dass alle Bischöfe eine Änderung wollten. Im März allerdings sei das Thema bei der nächsten Vollversammlung auf der Tagesordnung.