München (epd). Acht Personen befinden sich in Bayern derzeit in Präventivgewahrsam, weil sie sich im Rahmen von Klimaprotesten festgeklebt und angekündigt haben, solche Aktionen zu wiederholen. Zwei von ihnen sollen bis zum 5. Januar in Gewahrsam bleiben. Für die Linke Bayern stellt dies einen Verstoß gegen die Bayerische Verfassung dar, weswegen sie eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof plant. "Wir halten die Präventivhaft für völlig unverhältnismäßig angesichts der Strafen, die auf die Blockierenden zukommen", sagte Adelheid Rupp, Landessprecherin der Linken und Anwältin, bei der Vorstellung der Klage am Freitag in München.
Bisher habe es als Strafen mündliche Verwarnungen oder Geldstrafen gegeben, deshalb sei eine Gewahrsamnahme für längere Zeit unangebracht. Zudem seien Sitzblockaden grundsätzlich von der Versammlungsfreiheit gedeckt. "Uns geht es darum, die rechtsstaatlichen Grundsätze durchzusetzen, egal ob man die Proteste gut findet oder nicht", sagte Titus Schüller, Mitglied im geschäftsführenden Landesvorstand. Die Klage richtet sich gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG), das 2017 novelliert wurde und in dem der Präventivgewahrsam geregelt ist. "Was damals von der Bewegung gegen das PAG befürchtet wurde, ist nun eingetreten", sagte Adelheid Rupp. Die Regelung, die eigentlich zum Umgang mit Terroristen und islamistischen Gefährdern geplant gewesen sei, sei "in weite andere Kreise hinaus ausgedehnt" worden.
Der Strafverteidiger Jochen Ringler kritisierte, dass die Personen in Präventivgewahrsam in Justizvollzugsanstalten sitzen, obwohl sie laut PAG getrennt von Straftäterinnen und Straftätern untergebracht werden sollten. "Was man hier macht, ist eigentlich eine polizeiliche Untersuchungshaft", sagte der Anwalt. Dass die Klimaaktivisten wie Gefangene behandelt würden und nur eine Stunde Freigang pro Tag hätten sowie kaum eine Möglichkeit zur Kommunikation mit Verwandten, Anwälten oder Geistlichen sei "ein eklatanter Verstoß gegen die Dienstvorschriften".
Den jetzigen Zeitpunkt der Klage begründete Adelheid Rupp damit, dass die bisherigen Klagen gegen das PAG aus dem Jahr 2018 wegen ihres Umfangs noch nicht vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof bearbeitet worden sind. Aus aktuellem Anlass habe man sich daher für eine Klage gegen die Präventivhaft als einzelne Norm entschieden. Man erhoffe sich eine richterliche Entscheidung bis Mitte Januar.