München (epd). Über den Umgang der Erinnerungskultur in Deutschland insbesondere im Fußball haben Charlotte Knobloch und der Präsident des FC Bayern München, Herbert Hainer, am Sonntag im Jüdischen Gemeindezentrum diskutiert. Man habe als Sportverein "eine gesellschaftspolitische Verantwortung im Kampf gegen Rassismus", sagte Hainer. Aus dem "Nie wieder!" dürfe kein "Jetzt wieder!" werden, betonte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München, bei der von Sportjournalist Marcel Reif moderierten Veranstaltung. Es sei jedoch angesichts von Unterdrückung und Hetze gegen jüdische Mitbürger "klar, dass wir darauf zusteuern", befürchtete die 90-jährige Holocaust-Überlebende.
Um gegen den Hass in der Gesellschaft vorzugehen, brauche man Multiplikatoren wie Kirchen, Gewerkschaften, Politik - und den Fußball. Knobloch plädierte dafür, die Wanderausstellung "Verehrt - verfolgt - vergessen: Opfer des Nationalsozialismus beim FC Bayern München" künftig auch an Schulen zu präsentieren. So könne sportbegeisterten Kindern und Jugendlichen anhand der Geschichte des Fußballvereins auch die Geschichte des Holocaust nähergebracht werden.
Die Idee stieß bei FC-Bayern-Präsident Hainer auf offene Ohren. Der FC Bayern thematisiere die eigene Geschichte und setze mit Aktionen wie Antisemitismus-Workshops, Zeitzeugengesprächen im Clubheim oder der Initiative "Rot gegen Rassismus" ein Zeichen. "In einem Fußballverein gibt es unterschiedliche Hautfarben und Religionen", sagte Hainer. Sport verbinde und schaffe viele Möglichkeiten für Begegnung. Im Verein könne man mit jungen Menschen Erinnerungen vertiefen, über aktuelle Probleme sprechen und vor allem dafür sorgen, "dass heute nicht weggeschaut wird".
Zwei der Gründungsmitglieder des FC Bayern München, Benno Elkan und Josef Pollack, waren Juden; bis 1933 waren rund zehn Prozent der Vereinsmitglieder jüdisch. Während des Holocaust wurden 27 Mitglieder ermordet und 83 zur Emigration gezwungen. Nur acht Verfolgte konnten in Deutschland überleben. "Doch es gab nicht nur Opfer, sondern auch Täter", betonte Präsident Hainer. Darum habe der FC Bayern München das Institut für Zeitgeschichte mit der Untersuchung der Vereinsgeschichte während der Zeit der NS-Herrschaft beauftragt. Mithilfe der 2022 veröffentlichten Ergebnisse wurde die 2016 in Kooperation mit der evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau erstellte Wanderausstellung "Verehrt - verfolgt - vergessen" jetzt aktualisiert.
"Dass es den einzelnen Antisemiten immer geben wird, ist klar", sagte Moderator Marcel Reif, dessen jüdischer Vater den Holocaust überlebte. Es seien die Gespräche der täglichen Erinnerungsarbeit, die dafür sorgten, dass aus Rassismus im kleinen Rahmen nichts Großes werden könne. Die Wanderausstellung "Verehrt - verfolgt - vergessen: Opfer des Nationalsozialismus beim FC Bayern München" ist noch bis zum 17. Februar im Jüdischen Gemeindezentrum zu sehen, bevor sie als Dauerausstellung ins FC Bayern Museum umzieht.
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