Berlin, Büsum, München (epd). Milchkühe in Deutschland bekommen nach Recherchen von Greenpeace immer weniger Auslauf. Auf Basis öffentlich zugänglicher Daten der Bundesländer ermittelte die Umweltschutzorganisation, dass nicht einmal jede dritte Kuh (31 Prozent) 2020 noch Zugang zu einer Weide hatte, während es zehn Jahre zuvor noch 42 Prozent gewesen seien. Greenpeace veröffentlichte das Ergebnis der Recherche am Dienstag im Vorfeld der Agrarministerkonferenz vom 22. bis 24. März im schleswig-holsteinischen Büsum, bei der die Weidehaltung von Milchkühen Thema sein soll.

Kühe seien "von Natur aus Lauftiere, die Gras fressen", erklärte der Landwirtschaftsexperte der Umweltschutzorganisation, Martin Hofstetter, in Berlin. "Wir haben aus ihnen überzüchtete Turbokühe gemacht, die ganzjährig im Stall stehen und mit immer mehr Kraftfuttereinsatz dazu gebracht werden, maximal viel Milch zu geben", kritisierte er. Eine zunehmende Nachfrage durch Verbraucherinnen und Verbraucher nach Weide- und Biomilchprodukten zeige jedoch, dass Bedarf an "Milch aus guter Tierhaltung" bestehe.

Weil Molkereien Weidehaltung nicht genügend honorierten, soll laut Greenpeace der Staat aktiv werden. "Der Bund muss jetzt mit einem starken Weideförderprogramm die Trendwende einleiten", forderte Hofstetter. Es gebe ausreichend Gelder der Europäischen Union, die dafür genutzt werden könnten. Weidehaltung sei artgerecht, diene der Gesundheit der Tiere und helfe beim Klimaschutz, weil beweidetes Grünland mehr klimaschädlichen Kohlenstoff im Boden speichere als Ackerpflanzen.

Die Zahl der Milchkühe in Deutschland bezifferte Greenpeace auf knapp vier Millionen. Mehr als ein Viertel (28 Prozent) von ihnen lebten in Bayern. Weitere wichtige Bundesländer mit Milchvieh-Wirtschaft seien Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen - in diesen drei Bundesländern lebten zusammen rund 60 Prozent aller Milchkühe bundesweit.

Während in Schleswig-Holstein mehr als die Hälfte der Milchkühe zumindest zeitweise auf die Weide dürfe, "stehen in den ostdeutschen Bundesländern wie auch in Bayern vier von fünf Kühen das ganze Jahr im Stall", hieß es weiter. In Bayern werde zudem "ein erheblicher Anteil der Tiere in Anbindeställen gehalten", was aus Tierschutzgründen umstritten sei und laut Koalitionsvertrag binnen zehn Jahren beendet werden solle.

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