München (epd). Um gegen eine Überlastung der bayerischen Kliniken vorzugehen, könnten Kliniken zeitlich befristet vom vorgeschriebenen Personalschlüssel abweichen, hat der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek am Mittwoch erklärt. Er reagierte auf Kritik aus der SPD- und der Grünen-Landtagsfraktion. Sie wollen am Donnerstag im bayerischen Landtag in Dringlichkeitsanträgen fordern, dass die Staatsregierung gegen die Überlastung der bayerischen Kliniken und Kinderkliniken vorgeht. Eine Notfallversorgung in den Kliniken müsse sichergestellt werden. Die Landtagsabgeordnete Ruth Waldmann, Gesundheitsexpertin in der Fraktion, sagte in einer Mitteilung am Mittwoch, die momentane Situation in den Krankenhäusern sei "ein Armutszeugnis für Bayern und schlicht gefährlich".

Die Lage in vielen Krankenhäusern sei katastrophal, so Waldmann. In den Kinderkliniken seien die Notaufnahmen momentan voll - und die Stationen belegt mit Kleinkindern und Säuglingen, die unter dem sogenannten RS-Virus litten. Manchmal müssten auch schwer kranke Kinder und Erwachsene abgewiesen werden. Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte seien am Limit. Die Überlastung komme mit Ansage, sagte Waldmann. Bereits vor der Pandemie habe es eine absehbare Notlage in den Kliniken gegeben.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Christina Haubrich, berichtete von Zahlen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), die besagten, dass etwa 50 Prozent der Kinderintensivstationen im Freistaat derzeit über keine belegbares Betten mehr verfügten. Ungefähr 42 Prozent der Kinderintensivbetten seien aufgrund von Personalmangel gesperrt.

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek stellte in einer Mitteilung am Mittwoch fest, dass die Kapazitäten der Kinderkliniken an ihre Grenzen kämen, sei verständlich, "wenn ein dramatisches epidemisches Geschehen mit einer massiven Welle an RSV-Erkrankungen unter Kindern und Jugendlichen auftritt". Dies sei derzeit nicht nur in ganz Deutschland, sondern auf der Nordhalbkugel generell zu beobachten.

"Wir brauchen jetzt möglichst schnell Lösungswege", so Holetschek. Er schlug vor, "angesichts außergewöhnlich hoher Patientenzahlen und zugleich krankheitsbedingter Ausfälle beim Pflegepersonal" müssten die betroffenen Kliniken befristet von den regulären Pflegepersonalschlüsseln abweichen können. Es müsse auch erwogen werden, ältere Kinder und Jugendliche mit Knochenbrüchen oder anderen Erkrankungen, für die es kein spezielles Kinderarztwissen brauche, außerhalb von speziellen Kinderstationen zu versorgen. Holetschek schlug außerdem ein "zumindest befristetes Bürokratie-Moratorium auf Bundesebene" vor.