München (epd). Als "Schule des Vertrauens" und Ort der Ruhe und Hoffnung haben Kardinal Reinhard Marx und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die ökumenische Krisenberatungsstelle "Münchner Insel" gewürdigt. Bei einem Festgottesdienst zum 50-jährigen Bestehen der Einrichtung sagte Marx am Mittwochabend in der evangelischen Markuskirche, dass "der Grund unseres Daseins nicht die Angst ist, sondern das Vertrauen". In der "Insel" könnten sich Menschen in Not im Gespräch mit den Seelsorgern und Beraterinnen fallen lassen und "spüren, wie das Vertrauen zurückkommt", ergänzte Bedford-Strohm.

Die "Münchner Insel" im Untergeschoss des Marienplatzes ist seit 1972 kostenlose Anlaufstelle für Menschen in Krisensituationen. Sie wurde beim Bau der U-Bahn für die Olympischen Spielen von den beiden Kirchen mit Hilfe der Landeshauptstadt gegründet. Heute berät das Team aus Psychologen, Theologen, Sozialpädagogen und einer Juristin im Schnitt rund 8.000 Menschen im Jahr. Themen sind laut Landeskirche und Erzbistum derzeit vor allem die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten, Verschuldung und der schwierige Wohnungsmarkt in München. Dazu kämen Einsamkeit, Gewalt in Familien, Beziehungsprobleme, Trauer nach Todesfällen oder Kriegstraumata.

Obwohl die Münchner Insel keine politische Einrichtung sei, spielten die Auswirkungen von Politik in ihrer Arbeit eine große Rolle, betonte der Kardinal. "Pandemie, Krieg, Inflation, das alles wirkt sich aus auf die persönlichen Nöte der Menschen", sagte Marx. Wer die "Insel" betrete, fände in allem Alltagstumult einen Ort der Stille, "wo mir jemand zuhört, wo ich einfach da sein kann", sagte Landesbischof Bedford-Strohm. Das sei keine Flucht aus dem Alltag, "sondern eine Kraftwelle, die mich in meinem Alltag wieder nach oben trägt".

Münchens Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) betonte in ihrem Grußwort die "absolute Sonderstellung" der "Insel": "Das ist bayernweit die einzige Beratungseinrichtung, in der man ohne Termin ein Gespräch bekommt." Die belastenden Themen für die Menschen nähmen ständig zu. Da sei es wichtig zu wissen, dass es eine kostenfreie und anonyme Anlaufstelle gebe, bei der man ohne Wartezeit Hilfe erhalte, "bevor alles über einem zusammenstürzt", sagte Dietl. Die Politikerin dankte den Kirchen dafür, dass sie seit 50 Jahren alle Personalkosten der "Insel" tragen. Die Landeshauptstadt werde auch künftig die Räume unter dem Marienplatz kostenlos zur Verfügung stellen.