Nürnberg (epd). Für die erste jüdische Kindertagesstätte in Nürnberg ist am Sonntag der Grundstein gelegt worden. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte bei der Zeremonie die Bedeutung dieser Kita für das jüdische Leben in Deutschland: "Wir legen hier nicht nur einen Grundstein für eine Kindertagesstätte, sondern bereiten den Weg für jüdische Gemeinden überall in Bayern und Deutschland", sagte er laut Mitteilung. Die Grundsteinlegung fand auf der Baustelle neben dem Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Nürnberg statt.
Für die IKG sei dies "keineswegs eine Entscheidung wie jede andere", sagte Vorstandsmitglied Diana Liberova. "Wir zeigen damit, dass wir an das jüdische Leben und seine Zukunft in dieser Stadt glauben." Noch nie in der Geschichte Nürnbergs habe es eine solche Einrichtung gegeben: "Damit tragen wir nicht nur zur Festigung unserer Existenz in Nürnberg bei, sondern setzen ein weiteres Zeichen, dass wir uns als ein integraler Teil der Stadtgesellschaft verstehen."
In Nürnberg sei jüdisches Leben sichtbar und lebendig: "Sie leben Ihren Glauben und zeigen über Altersgruppen und Generationen hinweg, was Zusammenhalt, Respekt und Toleranz bedeuten", sagte Herrmann. "Werte, die wir auch den Jüngsten in unserem Land mit auf den Weg geben wollen." Nürnbergs Sozialreferentin Elisabeth Ries (SPD) bedankte sich für das Vertrauen in die Menschen in Nürnberg.
Im Norden der Stadt (Arno-Hamburger-Straße) werden eine Krippe mit zwölf Plätzen und ein Kindergarten mit zweimal 25 Plätzen gebaut. Initiatorin und Trägerin ist die IKG Nürnberg, die Baupläne stammen von Architekt Klaus Rosner. Die jüdischen Traditionen sollen dort fester Bestandteil des Kita-Jahres sein, ebenso wie jüdische Pädagogik und koscheres Essen.
Die Einrichtung soll für Kinder aller Glaubensrichtungen offen sein, wie Mitinitiatorin und SPD-Stadträtin Diana Liberova gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) erläuterte. Jüdischen Kindern solle ein Aufwachsen mit jüdischer Tradition und Religion ermöglicht werden, doch genauso wichtig sei, dass nichtjüdische Kinder und ihre Eltern einen Einblick in den Alltag jüdischer Menschen bekommen könnten. Zudem trage die Einrichtung zum Kita-Ausbau in Nürnberg bei.
Die Eröffnung ist zum Schuljahr 2024/25 geplant. Die Baupläne sind seit fünf Jahren publik, ursprünglich sollte die Kita bereits 2020 eröffnen. Zu der Verzögerung kam es laut Liberova wegen "vieler Abstimmungsrunden" und offener Finanzierungsfragen. Nun sei alles geklärt, sagte sie dem epd: "Wir freuen uns sehr, dass das Aufwachsen in der jüdischen Welt als Teil der Normalität möglich ist und dass das zusammen mit der Stadtgesellschaft gelingt." Sie sei auf die Zahl der Anmeldungen für die Kita gespannt. Finanziert wird die Kita durch staatliche und städtische Zuschüsse sowie private Sponsoren.
IKG-Vorsitzender Jo-Achim Hamburger hofft, durch die Kita auch wieder mehr Jüngere an die Gemeinde zu binden. Im Raum Nürnberg lebten rund 100 junge jüdische Familien, von denen sich viele eine Kita mit jüdischem Profil wünschten, hatte er bei der Veröffentlichung der Baupläne 2018 gesagt. Die pädagogische Einrichtungsleitung soll Deutsch, Hebräisch und Russisch sprechen.
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