Nürnberg (epd). Bei einer Polizeistation im Zentrum von Nürnberg hat der Jesuitenpater Jörg Alt mit seinem Mitbruder Stefan Bauberger am Mittwochmittag geklingelt. Der promovierte Sozialwissenschaftler Alt und der Naturphilosophie-Professor und Physiker Stefan Bauberger kamen, um sich wegen der "Unterstützung einer angeblich kriminellen Vereinigung" anzuzeigen. Alt bezichtigt sich außerdem noch des Anwerbens von Mitgliedern für diese Vereinigung. Die Aktion fand aus Solidarität mit der "Letzten Generation" statt. Alt und Bauberger kritisieren damit die Kriminalisierung der Protestbewegung.

"Angesichts der aktuell hitzigen Debatte wollen wir unsere Taten der Polizei und der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung geben", betonte Alt. Entweder seien Polizei und Staatsanwaltschaft der Meinung, dass die beiden Jesuiten keine strafrechtlich relevanten Handlungen begangen hätten, oder aber Alt und Bauberger seien bereit, eine damit verbundene Strafe anzunehmen. Anfang Dezember hatte die Konferenz der Innenminister der Länder festgestellt, es müsse geklärt werden, ob es sich bei der "Letzten Generation" um eine kriminelle Vereinigung handle.

"Wir stellen unserer Gesellschaft mit unserer Selbstanzeige öffentlich die Frage: Wer sind die eigentlichen Radikalen, Kriminellen, Rechtsbrecher, Erpresser und Nötiger?", sagte Bauberger. Aus seiner Sicht sei die Untätigkeit von Regierungen, gegen die Klimakrise vorzugehen, Nötigung. "Sie zwingt die Wissenschaft und Zivilgesellschaft, diesem Kurs Widerstand entgegenzusetzen, der heute schon in dieser Welt tötet und für zukünftige Generationen viel Leid verursachen wird." Bauberger prognostizierte im Laufe des Jahrhunderts wegen den Folgen des Klimawandels Milliarden von Flüchtlingen. Er forderte einen Systemwandel hin zu einer Gesellschaft, deren Wohlstand nicht mehr am Bruttosozialprodukt gemessen werde.

Demonstrantinnen und Demonstranten würden eingesperrt oder eingeschüchtert, sagte Alt bei einer Pressekonferenz vor seinem Besuch bei der Polizei. Er sei aber der Meinung, dass die Taten der Aktivisten "in der heutigen Situation alternativlos, angemessen, hinnehmbar und verhältnismäßig" seien. Ihr Tun sei keinesfalls kriminell, weil sie die Menschen vor den Schäden des Klimawandels warnten und für das Überleben der Menschheit eintreten würden.

Er erklärte, immer noch würden zwei Aktivisten der Letzten Generation in Präventivhaft festgehalten. Für den Fall, dass diese beiden bis Heiligabend keine Amnestie erhalten sollten, habe er für 24. Dezember um 15 Uhr eine Demonstration vor der Justizvollzugsanstalt in Nürnberg angemeldet. Zu seiner Selbstanzeige habe er sich auch entschieden, "weil alle meine legalen Aktionen von der Politik ignoriert werden", stellte Alt fest. Er zählte einen Offenen Brief an den Bayerischen Landtag und das Gespräch mit Wissenschaftlern vor dem Tagungshotel der Innenministerkonferenz auf.

Ein Jahr nachdem sich Alt für "schweren Diebstahl" selbst anzeigte, nachdem er Lebensmittel aus Supermarkt-Containern gestohlen hatte, zieht er eine schlechte Bilanz. Containern sei in der Zwischenzeit nicht entkriminalisiert worden, auch das im Koalitionsvertrag versprochene "Essen-retten-Gesetz" sei nicht verabschiedet worden. Das Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Diebstahls sei inzwischen eingestellt. Anhängig sind nach Alts Angaben gegen ihn noch ein Verfahren nach einer Festnahme bei einer Straßenblockade in München im Herbst und eines wegen Schwarzfahrens aus dem Sommer.