Fürth (epd). Das Denkmal für Wilhelm Löhe (1808 bis 1872) auf dem Kirchplatz an der Fürther St.-Michaelskirche erhält zum Buß- und Bettag einen "Kommentar". Ein Team um den Fürther Pfarrer Hans-Ulrich Pschierer will damit auf das kolonialistische Klischee aufmerksam machen, das das Denkmal vermittle, heißt es in einer Mitteilung des evangelischen Dekanats Fürth am Montag. Über ein umstrittenes Relief an einer Seite des Löhe-Denkmals werde provisorisch eine Acrylplatte angebracht. Darauf ist ein Bild zu sehen, das den bärtigen Wilhelm Löhe barfuß sitzend vor einem aufrecht stehenden Native American zeigt. Der wiederum trägt Schuhe und Anzug. Neben ihm ist zu lesen: "Jetzt hörst Du mal zu! 'Denk-mal'."

Unter der Acrylplatte ist auf dem Original-Denkmal, geschaffen 1928 vom Bildhauer Johannes Götz (1865-1934), ein Missionar zu sehen, der hoch aufgerichtet vor halbnackten Native Americans steht und diese, mit einer Bibel unter dem Arm und erhobenem Zeigefinger, belehrt. Das Relief trägt den Titel "Löhes Sendboten predigen den Indianern das Evangelium." Löhe hatte Missionare nach Übersee geschickt.

"Der Gedanke, dass diese ungebrochen kolonialistische Sichtweise im Denkmal ein Aushängeschild für unsere Kirchengemeinde ist, war für mich schwer erträglich", sagt Pschierer, der täglich aus seinem Bürofenster auf das Denkmal schaut. Der Kirchenvorstand von St. Michael sei sich einig über die Problematik der Bildsprache, die kolonialistische Klischees und westliche Dominanz verherrliche, sei aber noch zu keinem Ergebnis gekommen. Daher habe man nun die Idee der "sichtbaren Kommentierung" entwickelt. Pschierers Sohn Nick, der an der Nürnberger Kunstakademie studiert, hat das neue Relief entworfen.

Am Mittwoch, Buß- und Bettag, 16. November, um 19 Uhr, werde in St. Michael in Fürth um 19 Uhr ein Gottesdienst stattfinden, bei dem Pfarrer Hans-Ulrich Pschierer und Sergio Rios Carillo aus Nicaragua sich mit dem Thema Kolonialismus auseinandersetzen, heißt es in der Mitteilung. An diesem evangelischen Feiertag gehe es um Besinnung und Nachdenken über fehlerhaftes Verhalten und Schuld.

Löhe, Gründer der Diakonissenanstalt in Neuendettelsau, ist in Fürth geboren. Er gilt als herausragender deutscher Missionar der ersten Stunde. Die lutherischen Kirchen in den USA berufen sich auf ihn als "Gründervater". Seine theologischen Vorstellungen von Mission werden heute aber global diskutiert.