München (epd). Der Landtag hat am Donnerstagnachmittag über die Zukunft der Staatsleistungen an die Kirchen diskutiert. Anlass war ein Dringlichkeitsantrag der FDP-Fraktion mit dem Titel "Trennung von Staat und Kirche stärken". Der Grünen-Abgeordnete Toni Schuberl sagte, bei der Ablösung der Staatsleistungen gehe es "nicht um die Frage ob, sondern wie", denn es gebe einen verfassungsmäßigen Auftrag dazu. Zugleich warnte er davor, aus dem Thema einen Kulturkampf zu machen. CSU-Politiker Ludwig Spaenle nannte den Antrag der FDP "billig", es gelte "seriöse Gespräche" zu führen und keinen "Schaufensterantrag" im Landtag zu stellen.

FDP-Abgeordneter Matthias Fischbach hatte seinen Antrag dem Evangelischen Pressedienst (epd) gegenüber damit begründet, dass die aktuell geltenden Vereinbarungen nicht mehr zeitgemäß sind. Sie seien zu einer Zeit geschlossen worden, als noch mehr als 99 Prozent der Bevölkerung Bayerns Mitglied einer der beiden großen Kirchen waren - heute seien es weniger als zwei Drittel. "Die Zeit ist reif, um über die Weiterentwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche zu sprechen", sagte Fischbach im Landtag. Der vor über 100 Jahren gefasste Auftrag der Weimarer Reichsverfassung, die Staatsleistungen abzulösen, müsse endlich umgesetzt werden.

Der FDP-Abgeordnete sagte, der Staat habe weltanschaulich neutral zu sein - faktisch sei er das heute aber gar nicht. Der Freistaat habe vergangenes Jahr mehr als 77 Millionen Euro an Zuschüssen und Zuweisungen an die katholische Kirche eingeplant, sagte Fischbach. Für die evangelische Kirche waren es insgesamt rund 26 Millionen. Alle sonstigen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sollten nur rund eine Million Euro erhalten. Staatsleistungen erhalten die christlichen Kirchen als Entschädigung wegen der Enteignung kirchlicher Güter und Grundstücke im Zuge der Säkularisierung vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts.

Der Grünen-Abgeordnete Schuberl sagte, viele Punkte im FDP-Antrag seien diskutabel - gleichwohl müsse man auch den Blick "auf die wertvollen Dienstleistungen der Kirchen für unsere Gesellschaft lenken". Dennoch sei man rechtlich verpflichtet, die Staatsleistungen an die Kirchen endlich abzulösen - und zuständig dafür seien nun einmal die Landesregierungen. Er schlug als Lösung eine Art Kirchenausgleichsfonds analog zum Wittelsbacher Ausgleichsfonds vor, der 1923 errichtet wurde. Dieser Fonds soll das kulturelle Erbe des Hauses Wittelsbach bewahren und zum anderen den Versorgungsauftrag für das Haus Wittelsbach sicherstellen.

CSU-Politiker Spaenle sprach von einem "Kübel Allerlei", der im FDP-Antrag zusammengerührt und nun über die Kirchen ausgeschüttet werde. Zudem seien die Kirchen bereits im Gespräch mit den Landesregierungen über die Ablösung der Staatsleistungen - auch in Bayern. Der Freie-Wähler-Abgeordnete Florian Streibl sagte, der FDP-Dringlichkeitsantrag "trieft vor Verachtung", er sei nicht konstruktiv. Gerade mit Blick auf die aktuelle Lage der Kirchen werde ein solcher Dringlichkeitsantrag der komplexen Situation nicht gerecht. "Der Zeitpunkt für den Antrag ist verdammt schlecht gewählt - das ist typisch FDP", erläuterte der Freie-Wähler-Abgeordnete.

Auch Diana Stachowitz (SPD) argumentierte gegen den Antrag und warb für das umsichtige Vorgehen der Ampel-Koalition im Bund bei diesem Thema. Es müsse vorangehen bei der Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen, aber eben nicht auf diese Weise. Am Ende der etwa halbstündigen Debatte stimmten FDP und Grüne für den Dringlichkeitsantrag, die übrigen Fraktionen und fraktionslosen Abgeordneten fast geschlossen dagegen.

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