München (epd). Die Aussetzung der Festpreise für bestimmte Arzneimittel für Kinder ist "eine Geste, aber sie wird das Problem der Engpässe kurzfristig nicht lösen", hat Pharma-Manager Andreas Burkhardt der Süddeutschen Zeitung (Donnerstag) in seinem ersten Interview als Vorstandsvorsitzender von Pro Generika gesagt. Der Verband vertritt die Hersteller von Medikamenten, deren Patentschutz abgelaufen ist. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen hatte am Dienstag angekündigt, die Festbeträge für insgesamt 180 Fertigarzneimittel, darunter Ibuprofen-Säfte, Paracetamol-Zäpfchen und Antibiotika-Suspensionen, vom 1. Februar an für drei Monate auszusetzen.

Die Unternehmen produzierten derzeit rund um die Uhr, so Burkhardt: "Es gibt keine Ware, die kurzfristig auf den Markt kommen könnte, nur weil sich der Preis für drei Monate erhöht." Die noch verbliebenen Hersteller können Burkhardt zufolge kurzfristig nicht mehr produzieren, so dass innerhalb weniger Monate keine Entspannung der Lage eintreten kann. "Ein Aussetzen der Festbeträge reicht nicht, schon gar nicht für ein paar Wochen." Kein Unternehmen werde Produktionsstätten ausbauen, wenn nach drei Monaten wieder das "Hauptsache billig"-Prinzip gelte.

Seit Monaten gibt es immer wieder Klagen über Engpässe bei generischen Arzneimitteln. Nicht nur der Fiebersaft ist Mangelware in den Apotheken. Es fehlen auch andere Medikamente. Auf der vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte veröffentlichten Liste stehen derzeit knapp 370 Medikamente, bei denen es zu Lieferengpässen kommt, darunter zum Beispiel die in der Brustkrebstherapie eingesetzten Tabletten Tamoxifen.

Die Industrie wehre sich nicht gegen das System an sich, sagte Burkhardt im SZ-Interview. Wettbewerb sei wichtig. "Aber diese Exzesse müssen aufhören, der Preis darf nicht die einzige Maxime sein. Bei den Krankenkassen geht es nur darum, von wem kriege ich den niedrigsten Preis, selbst auf Märkten, wo es kaum noch Anbieter gibt wie bei Tamoxifen."

Wenn der Staat die Versorgung seiner Bevölkerung sicherstellen wolle, müsse er den Markt so regeln, dass es keine Abhängigkeiten von einer Quelle gebe. "Wozu das führt, erleben wir doch gerade. Wenn ich mein komplettes Erdgas aus Russland beziehe, ist das Risiko halt hoch, wenn diese eine Quelle ausfällt", sagte Burkhardt. Wenn es für Medikamente nur noch einen oder wenige Anbieter gebe, müsse der Preisdruck weg, damit die Produktion wieder attraktiv werde und mehr Hersteller einsteigen. "Wäre der Preis für Fiebersaft höher, gäbe es mehr Anbieter", so Burghardt.