München (epd). Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist gegen eine mögliche Übernahme von ProSiebenSat.1 durch eine Firma, die der Familie des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi gehört. "Wir Bayern lieben Italien, aber wir müssen hier auch nicht komplett italienisch werden", sagte Söder am Dienstag bei der Eröffnung der Medientage München. ProSiebenSat.1 dürfe keine "Abspielstation" für Formate italienischer Berlusconi-Sender werden. Anderenfalls könne der "Public Value"-Status in Gefahr geraten, den die Medienaufsicht kürzlich unter anderem Sat.1 und ProSieben verliehen hatte. Dieser garantiert eine leichte Auffindbarkeit auf Benutzeroberflächen.

ProSiebenSat.1-Vorstandsmitglied Wolfgang Link sagte in Reaktion auf Söder, das Medienunternehmen mit Sitz in Unterföhring sei seit mehreren Jahrzehnten eng mit Bayern verbunden. "Diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortsetzen, und zwar eigenständig", fügte er hinzu. Das Unternehmen Media For Europe (MFE), das der Familie Berlusconi gehört, hatte seine Anteile an ProSiebenSat.1 im März auf 25 Prozent erhöht. Seitdem wird immer wieder spekuliert, ob MFE eine Übernahme der Mehrheit anstreben könnte.

MFE steht durch die Anteilserhöhung im Fokus eines Ermittlungsverfahrens der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). Nach dem neuen Bayerischen Mediengesetz kann die BLM bei bestimmten Veränderungen in der Beteiligungsstruktur von Rundfunkanbietern einschneidende Maßnahmen bis hin zum Widerruf der Sendegenehmigung treffen. Dies gilt dann, wenn nachteilige Auswirkungen auf die Ausgewogenheit und Meinungsvielfalt zu befürchten sind. Nach Auskunft der BLM läuft das Verfahren noch.

Beim Medientage-Eröffnungsgipfel war auch der Krieg Russlands gegen die Ukraine mehrfach Thema. Der ehemalige ukrainische Profiboxer Wladimir Klitschko, der persönlich anwesend war, sagte, die internationalen Medien hätten 2014 falsch eingeschätzt, was die Annexion der Krim durch Russland bedeute. Ein grundsätzliches Problem sei, dass die Berichterstattung über die Ukraine häufig aus Korrespondentenbüros in Russland organisiert werde. Die Ukraine sei der größte europäische Staat. "Ich wünsche mir, dass mehr Menschen aus Deutschland und der freien Welt aus Kiew und dem ganzen Land berichten", so Klitschko.

Er appellierte an die Medien, in der Berichterstattung über den Krieg nicht nachzulassen. "Wir brauchen die Ausdauer und Unterstützung der Medien", sagte Klitschko. Viele Medien seien müde geworden, über den Krieg in der Ukraine zu berichten. Dies sei aber wichtig, um gegen die Invasion zu kämpfen.

Der Krieg in der Ukraine sei auch ein "Angriff auf die Medien", erklärte BLM-Präsdent Thorsten Schmiege. Zugleich mache er deutlich, wie systemrelevant Medien für eine Demokratie seien. "Wenn Unsicherheit und Misstrauen in der Gesellschaft steigen, nimmt bei den Menschen auch die Empfänglichkeit für Hass zu", so Schmiege. Umso wichtiger sei es, in den Medienhäusern auf den Dreiklang aus Vertrauen, Qualität und Glaubwürdigkeit zu setzen.

Die Medientage stehen in diesem Jahr unter dem Motto "More relevant than ever" und finden noch bis Donnerstag statt. Auf fünf Bühnen diskutieren mehr als 350 Referentinnen und Referenten über neue Technologien und Trends in der Medienwelt. Die Konferenz wird von der BLM-Tochterfirma Medien.Bayern GmbH veranstaltet und von der Bayerischen Staatskanzlei unterstützt.