München (epd). Die Covid-19-Pandemie hat die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stark beeinträchtigt und soziale Ungleichheiten verschärft. Dazu stellte das Deutsche Jugendinstitut am Dienstag auf seiner Jahrestagung in Berlin aktuelle Forschungsergebnisse vor. "Viele junge Menschen und ihre Eltern haben in den letzten Jahren stark unter den Einschränkungen der Pandemie gelitten", sagte DJI-Direktorin Sabine Walper. Deshalb gelte es nun, das Thema psychische Gesundheit in allen Bildungsangeboten aufzugreifen - in den Kitas, den Schulen und der Kinder- und Jugendhilfe.

Bei den 3- bis 17-Jährigen nahmen im Jahr 2020 und erneut im Herbst 2021, also lange nach den strikten Lockdowns, Verhaltensprobleme zu. Dazu gehörten mehr emotionale Reaktionen wie Weinen, Rückzug, Kopf- und Bauchmerzen, Probleme mit Gleichaltrigen, Hyperaktivität und Konzentrationsschwierigkeiten. Dies zeigten Daten aus der DJI-Studie "Kind sein in Zeiten von Corona" und neue Auswertungen des DJI-Surveys "Aufwachsen in Deutschland: AIltagswelten".

Dies betraf diejenigen Kinder und Jugendlichen am stärksten, die bereits zuvor benachteiligt waren, weil ihre Eltern finanziell belastet sind, über einen geringeren Bildungsabschluss verfügen oder einen Migrationshintergrund haben.Benachteiligte Familien müssten deshalb gezielt entlastet und die Familienhilfe ausgebaut werden, forderte Alexandra Langmeyer vom DJI.

Oft seien benachteiligte Familien jedoch schwer zu erreichen, wie die gerade veröffentlichte DJI-Studie "Zusammenhänge zwischen prekären Lebenslagen und Bildungsverläufen" zum Übergang von Grundschulkindern auf weiterführende Schulen zeige. Die Befragung von Schulleitungen, Lehrkräften und Schulsozialarbeitern an vier Münchner Grundschulen kam zu dem Ergebnis, dass sich Kinder aus benachteiligten Familien zwar häufig einen Übertritt in die Realschule oder das Gymnasium wünschen und ihre Eltern auch versuchen, sie dabei zu unterstützen. Diese könnten dies jedoch nicht ausreichend leisten, weil Sprachkenntnisse fehlten oder sie eingeschränkten Zugang zu Übungsmaterialien und Nachhilfe hätten.

Die Schulen würden Armut der Familien häufig nicht wahrnehmen, auch, weil diese aus Angst vor Stigmatisierung nicht offen damit umgingen. Die DJI-Studienleiterinnen Claudia Zerle-Elsäßer und Christine Steiner empfehlen daher Standardangebote zur Förderung an Schulen für alle Kinder zu etablieren, eine intensivere Vernetzung der Schulen mit Jugendsozialarbeit, Horten, Vereinen, anderen Schulen und Selbstorganisationen von Migranten.

Bei der Jahrestagung des DJI in Berlin befassen sich Wissenschaftler noch bis zum 9. November mit dem gesunden Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Im Mittelpunkt stehen Risiken für junge Menschen in verschiedenen Lebensphasen und Prävention von Benachteiligung von der Kita bis zur offenen Jugendarbeit.