Berlin (epd). Vor der Bundesratsabstimmung zum Bürgergeld hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erneut eine Überarbeitung gefordert. "Das Bürgergeld ist sozial ungerecht und unfair", sagte Söder der "Bild am Sonntag". "Die Ampel muss grundsätzlich nachbessern: bei Sanktionen, bei Schonvermögen, beim Leistungsprinzip." Nur unter diesen Bedingungen könne es eine Zustimmung geben.

Der Bundestag hatte am vergangenen Donnerstag mit der Mehrheit der Ampel-Koalition für das Bürgergeld gestimmt. Die Union will die Reform im Bundesrat jedoch zunächst ablehnen. In diesem Fall müsste im Vermittlungsausschuss beider Kammern ein Kompromiss gefunden werden. Der Bundesrat stimmt am Montag über die Sozialreform ab.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zeigte sich bereit für Änderungen am Bürgergeld. "Wir gehen offen in ein Vermittlungsverfahren", sagte Lindner dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Samstag). Er sei bereit, über alles zu verhandeln: "Wenn wir beim Hinzuverdienst noch was verbessern können, dann wäre das sehr gut." Die Arbeitsaufnahme sei ein Schritt in die dauerhafte Unabhängigkeit der Empfänger von einer Sozialleistung: "Das muss belohnt und nicht bestraft werden."

Zur Frage des Schonvermögens sagte Lindner allerdings, es wäre "inhuman", wenn ein Mensch, der sein ganzes Leben lang gearbeitet habe und mit Ende 50 wegen eines Schicksalsschlags nicht mehr arbeitsfähig sei, sofort sein gesamtes Erspartes aufbrauchen müsste. "Wir geben ihm zwei Jahre Zeit, um die Lebenskrise zu überwinden und sich zu qualifizieren", so der FDP-Chef. "Diese Großzügigkeit sollte die Gesellschaft haben."

Der Vorsitzende der FDP im Bundestag, Christian Dürr, sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: "Dass CSU-Chef Söder behauptet, durch das Bürgergeld würde Nichtarbeiten lukrativer als Arbeiten, ist eine dreiste Lüge." Die Reform führe dazu, dass mehr Leistungsbezieher ermutigt werden, einer Arbeit nachzugehen und Schritt für Schritt in eine Vollzeitbeschäftigung zu kommen.

Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), forderte die Union auf, ein schnelles Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat bis Ende November zu unterstützen. "Ich wünsche mir, dass dann in den Verhandlungen Parteitaktik zur Seite gelegt wird und es zu einer Lösung kommt, die für sehr viele Menschen ab Januar in einer schweren Zeit Entlastung bringen könnte", sagte Dreyer der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Montag). "Wir brauchen Klarheit bis zur Bundesratssitzung am 25. November, damit die Arbeitsagentur noch alles vorbereiten kann, um das Bürgergeld ab Januar auszuzahlen."

Grünen-Chef Omid Nouripour kritisierte CDU und CSU scharf für ihre Blockade-Haltung. "Die Union wird zur reinen Dagegen-Partei. Sie hetzt, nutzt falsche Zahlen, wettert gegen eine wichtige Reform", sagte Nouripour der "Bild am Sonntag".

Die Linkspartei warnte vor "Verschlechterungen" des Bürgergeld-Gesetzes im möglichen Vermittlungsausschussverfahren. Man werde sich gegen die Forderungen von CDU und CSU stemmen, heißt es in einem Sonntag veröffentlichten Papier der Linken. Die Partei kündigte an, sich im Bundesrat trotz der eigenen Kritik an dem Gesetz nicht am "rückwärtsgewandten Blockadeversuch" durch die unionsgeführten Länder zu beteiligen. Die Union trage damit zur "gesellschaftlichen Spaltung" bei und grenze diejenigen Menschen aus, "die ohnehin bereits an vielen Stellen gesellschaftlich ausgeschlossen sind".

Der Regelsatz für die künftigen Bürgergeld-Empfänger soll dem Bürgergeld-Gesetz zufolge von 449 Euro auf 502 Euro im Monat steigen und künftig zum Jahresanfang an die Inflation angepasst werden. Neue Regeln für die Jobcenter sollen dafür sorgen, dass sich die Arbeitslosen stärker auf Weiterqualifizierungen konzentrieren, um langfristig Arbeit zu finden. Anfangs sollen die Jobcenter weniger Sanktionen verhängen als bisher.