München, Nürnberg (epd). Es gibt in Bayern zu wenig Frauenhäuser für von Gewalt betroffene Frauen, hat die Diakonie Bayern zum "Internationalen Tag zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen" am Freitag (25. November) kritisiert. Die 41 vorhandenen bayerischen Frauenhäuser mit 400 Plätzen für Frauen und 450 Plätzen für Kinder reichten bei weitem nicht aus, bemängelte Diakonievorständin Sabine Lindau laut Mitteilung am Mittwoch. Wenn man im Freistaat die vom Europarat verabschiedete Istanbul-Konvention umsetzen wollte, müsste es der Diakonie zufolge mindestens 1.300 Frauenhaus-Plätze sowie weitere 2.000 Plätze für Kinder geben.

Gebraucht würden außerdem "gut erreichbare Anlaufstellen und Schutzräume, und das flächendeckend", sagte Lindau. Nach wie vor aber gebe es in Bayern Landkreise ohne ein eigenes Frauenhaus. Die Einzugsgebiete mancher Frauenhäuser erstreckten sich auf bis zu fünf Landkreise. Wie notwendig Angebote für von Gewalt betroffene Frauen seien, zeigten die Zahlen des Hilfetelefons "Gewalt gegen Frauen". Die Zahl der Anrufe sei von 2020 auf 2021 um fünf Prozent gestiegen. Mehr als 50.000 Betroffene hätten das Angebot in Anspruch genommen.

Es sei ihr ein großes Anliegen, dass Hilfsangebote "gut sichtbar und leicht zugänglich für uns Frauen sind", sagte Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) zu dem internationalen Aktionstag: "Häusliche Gewalt findet hinter verschlossenen Türen statt." In vier von fünf Fällen seien die Opfer weiblich und eine von drei Frauen habe mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexualisierte Gewalt erlitten. Scharf forderte dazu auf, Frauen in dieser schweren Situation zu unterstützen - sie dürften nicht allein gelassen werden. Mit "Gewaltschutztagen" vom 21. bis 25. November wolle ihr Ministerium über verschiedene Formen von geschlechterspezifischer Gewalt und Präventionsarbeit aufklären. "Nur wenn wir offen über Gewalt sprechen, können wir Frauen und Mädchen wirkungsvoll davor schützen", betonte Scharf.

In Nürnberg, Fürth, Erlangen und Ansbach sollen im Rahmen des Aktionstages Postkarten in Kneipen und Gaststätten über die vertrauliche Spurensicherung informieren. Wenn Frauen Opfer sexualisierter Gewalt geworden seien, verhindere bei vielen Scham oder Angst zunächst den Gang zur Polizei, heißt es in einer Mitteilung der Stadt Nürnberg. Damit dennoch gerichtsfeste Beweise gesichert werden können, bieten die Kliniken in allen vier Städten eine kostenfreie vertrauliche Spurensicherung an. "Dabei werden Spuren sexualisierter Gewalt ohne vorherige Anzeige bei der Polizei durch einen Arzt oder eine Ärztin gesichert und anschließend sicher im Klinikum aufbewahrt. Die betroffene Person kann dann in Ruhe entscheiden, ob sie innerhalb der Aufbewahrungsfrist Anzeige bei der Polizei erstatten will", sagte Susanne Ebner, Frauenärztin im Klinikum Fürth, laut Mitteilung.

Schutz vor Gewalt und ein flächendeckendes Hilfesystem für Mädchen und Frauen in Flüchtlingsunterkünften forderten die bayerischen Landtags-Grünen. "Gewalt- und Flüchtlingsschutz müssen Vorrang gegenüber Abschreckung und Isolation haben", sagte deren flüchtlingspolitische Sprecherin, Gülseren Demirel, in einer Mitteilung.

Laut Kriminalstatistik habe es im Jahr 2021 rund 1.000 gemeldete Übergriffe auf Mädchen und Frauen in bayerischen Flüchtlingsunterkünften gegeben. In den meisten Fällen habe es sich bei den Übergriffen um Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wie Vergewaltigungen, sexuelle Nötigungen und sexuellen Missbrauch gehandelt. Hilfsprojekte, soziale Organisationen und das Münchner Aktionsbündnis für geflüchtete Frauen meldeten außerdem seit langem, "dass die Dunkelziffer der Übergriffe in bayerischen Flüchtlingsunterkünften sehr viel höher ist als die offiziellen Zahlen", so Demirel.

Angesichts der aktuell vollen Unterkünfte müsse die Staatsregierung endlich handeln. Bei einer Sachverständigen-Anhörung im Landtagsausschuss für Integration sollen am Donnerstag (24. November) Experten und Expertinnen aus Justiz, Medizin und Diakonie zum Thema sprechen. Wegen des hohen Anteils geflüchteter Frauen und Kindern aus der Ukraine und wegen der steigenden Zahlen geflüchteter Menschen aus anderen Ländern fordern die Landtags-Grünen "mehr Schutzmaßnahmen, für alle zugängliche Gewaltschutzstellen und unabhängige Ombudspersonen" in den Einrichtungen. Von Gewalt bedrohte Mädchen und Frauen bräuchten ein flächendeckendes Hilfesystem "unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status, ihrem Herkunftsland, ihrer Sprache oder wo sie leben", sagte Demirel.