München (epd). Die Autoren Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey erhalten den Geschwister-Scholl-Preis 2025. Sie würden für ihr Buch "Zerstörungslust. Elemente des demokratischen Faschismus" (Suhrkamp) geehrt, teilte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels - Landesverband Bayern am Freitag mit. Amlinger und Nachtwey hätten ein Werk vorgelegt, das die politische Gegenwart eindringlich und zugleich mit großer Sensibilität ausleuchte, heißt es in der Jurybegründung. Die Preisverleihung soll am 25. November in der Ludwig-Maximilians-Universität München stattfinden.
Im Mittelpunkt des Buches stehe die Erfahrung vieler Menschen, dass die Versprechen liberaler Demokratien - nämlich Freiheit, Teilhabe, soziale Sicherheit - zunehmend als unerfüllt wahrgenommen würden. "Aus dieser Enttäuschung erwächst eine eigentümliche Lust an der Zerstörung", urteilte die Jury weiter. Der von Amlinger und Nachtwey entwickelte Begriff des "demokratischen Faschismus" beschreibe eine Haltung, die mitten in der Demokratie entstehe: eine Mischung aus Ressentiment, regressiver Rebellion und faschistischen Fantasien, die Institutionen nutzt, um sie zugleich auszuhöhlen.
Amlinger und Nachtwey vermieden dabei einfache Schuldzuweisungen. Sie legten vielmehr frei, welche Strukturen den Boden für destruktive Energien bereiten: wachsende Ungleichheit, der Verlust von Status und Zugehörigkeit, die Erosion gemeinsamer Verbindlichkeiten. "So wird sichtbar, dass Zerstörungslust Ausdruck einer demokratischen Krise ist, die tief in den affektiven Schichten unserer Gesellschaft wurzelt." Das Buch zeige unübersehbar, "dass die Gefährdung der Demokratie nicht nur von außen kommt, sondern aus uns selbst erwächst", heißt es weiter.
Carolin Amlinger, geboren 1984, ist Soziologin und Literaturwissenschaftlerin und lehrt an der Universität Basel. Oliver Nachtwey, geboren 1975, ist Professor für Sozialstrukturanalyse am Fachbereich Soziologie der Universität Basel. Der mit 10.000 Euro dotierte Geschwister-Scholl-Preis wird seit 1980 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels - Landesverband Bayern und der Landeshauptstadt München verliehen. Der Preis will Bücher würdigen, die von geistiger Unabhängigkeit zeugen und bürgerliche Freiheit fördern.