Pfarrer Martin Geisler ist gespannt, vielleicht sogar ein klein bisschen aufgeregt. Schließlich passiert es ja nicht jeden Tag, dass die eigene kleine Dorfkirche bundesweit Aufmerksamkeit erhält. Denn St. Marien und Christophorus im kleinen Dörfchen Kalbensteinberg im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen ist eine von 13 Kirchen des Monats, die von der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland (KiBa) zwischen Dezember 2017 und Dezember 2018 gekürt wurden. Bis zum 26. April läuft nun noch ein Online-Voting, welches dieser 13 Gotteshäuser die Kirche des Jahres 2018 werden soll.
"Schauen wir mal, welche Kirche das Rennen macht", sagt Pfarrer Geisler. Die mittelalterliche Kirche St. Marien und Christophorus, die oftmals nach ihren Erbauern - der Nürnberger Patrizierfamilie Rieter - einfach nur Rieter-Kirche genannt wird, hat jedenfalls viele Trümpfe, mit denen sie wuchern kann. Sie gehört kunsthistorisch gesehen zu den wertvollsten Gotteshäusern im Kreis Weißenburg Gunzenhausen. Die Kirche wurde 1464 erbaut, der kunstsinnige Hans Rieter (1564-1626) stattete sie zu Lebzeiten mit Kunstwerken aus, die im Zuge des reformatorischen Bildersturms andernorts verbannt wurden.
"Schatzkästlein Frankens"
Durch diese umsichtige Kunstrettung wurde die kleine Dorfkirche zu einem regelrechten Museum - bemerkenswert ist, dass die Kirche und ihr Inventar nie einem Brand oder einem Krieg zum Opfer fielen. Die Rieter-Kirche wird deshalb heute oftmals als "Schatzkästlein Frankens" bezeichnet. Sie ist die einzige evangelisch-lutherische Kirche im kleinen Örtchen Kalbensteinberg, einem Ortsteil der Marktgemeinde Absberg. Sie gehört zum Pfarrverbunds Kalbensteinberg-Fünfbronn und liegt im Dekanat Gunzenhausen. Im vergangenen September holte sich das Gotteshaus den Titel "Kirche des Monats" der KiBa-Stiftung.
So schmuck das Schatzkästlein auch ist - es ist in die Jahre gekommen und deshalb ziemlich sanierungsbedürftig. Derzeit ist die Kirche "eine Großbaustelle", sagt Pfarrer Geisler und erinnert sich, dass nur durch Zufall schwere Schäden am Dach festgestellt wurden: "Wir haben vom Turm aus durch das schmale Fensterchen auf den Dachfirst geguckt - da hat der Handwerker gesagt: 'Da ist eine leichte Biegung, da muss ein Balken auf Zug sein, nicht mehr auf Druck - das ist gefährlich.' Und dann war das wirklich so, als es genauer angeschaut wurde. Das war allerhöchste Zeit, das zu machen", sagt der Gemeindepfarrer.
Ein Highlight des wertvollen Kircheninventars ist der hölzerne und fast lebensgroße, gut 550 Jahre Palmesel.
Er steht mit störrischem Blick auf einem Holzwagen, auf ihm sitzt Jesus mit Krone und grüßt segnend. "Man hat ihn am Palmsonntag durchs Dorf gezogen, um die Geschichte des Einzugs Jesu in Jerusalem erfahrbar zu machen", sagt Pfarrer Geisler. Die Idee dahinter war: Christus zieht am Bauernhof, an den Menschen im Ort vorbei. Um den Holzesel ranken sich aber auch einige wilde Geschichten - so sollen einst Räuber aus dem Nachbardorf Spalt versucht haben, ihn zu stibitzen. Allerdings ohne Erfolg.
Für die Kirchensanierung, die insgesamt mehr als eine Million Euro kosten soll, kamen von der KiBa-Stiftung 15.000 Euro für die Wahl zur Kirche des Monats September 2018. Die Wahl zur Kirche des Jahres hingegen ist undotiert. Die Stiftung wurde 1997 von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gegründet. Sie hat zum Ziel, möglichst viele Kirchen in Deutschland instand zu halten.