Klein, unkompliziert und spontan 

Drinnen riecht es herrlich nach Kaffee. Währenddessen tänzeln draußen weiße Ballons im Wind. In Gedanken versunken sehe ich ihnen durchs Fenster zu: "Wer wird wohl als nächstes kommen?" Und tatsächlich… Eine junge Dame fährt mit dem Lastenfahrrad vor. Mit Blumenkranz auf dem Kopf und einem Strauß Schnittblumen in der Hand. Sie hat ein weißes Brautkleid an. Später wird sie erzählen, dass ihre Kinder gleich noch von der Schule hierher kommen und ihr Mann von der Arbeit dazustößt. Insgesamt 13 ähnliche und doch ganz andere Geschichten werden an diesem Nachmittag in Ingolstadt erzählt werden.

Es sind Geschichten von Pärchen, die mitten aus ihrem Alltag aufbrechen, um in die evangelische Innenstadtkirche zu kommen mit einer Gemeinsamkeit: Sie sehnen sich nach Gottes Segen - nicht mit großem Tamtam, jahrelanger Vorbereitung, sondern klein und unkompliziert.

Andrea und Philipp gehören an diesem Tag auch dazu. Sie haben sich schon vorab für 19 Uhr angemeldet. Ich kenne sie seit einem Jahr durch einen VHS-Kurs. Als Patchwork-Familie mit ihren vier Kindern, der besten Freundin und der Schwester rücken sie an. In einem Jahr werden sie sich standesamtlich und kirchlich trauen lassen. Doch jetzt wollen sie schon Gottes Segen spüren. Wir haben das Gespräch über die Segnung schon am Vormittag bei ihnen zuhause geführt. Als sie nach St. Matthäus kommen, gibt es nur noch Feinheiten zu klären: "Wollt ihr in die Kirche oder in den Gemeindesaal? Beides wäre frei."

Unvergessliche Momente für alle anwesende Paare  

Andrea und Philipp entscheiden sich schließlich für den Gemeindesaal. Das kann ich verstehen: Er ist romantisch erleuchtet mit großen "LOVE"-Lettern, die strahlen und ein roter Teppich ist auch schon ausgerollt. Zehn Minuten nach ihrer Ankunft marschieren sie mit mir bei dem Lied "Can‘t stop falling in love" auf dem roten Teppich ein. In der Ansprache, die ich spontan halte, gehe ich auf ihre Geschichte ein, die sie mir am Vormittag erzählt haben: Wie sie sich schon vor zehn Jahren in der Nachbarschaft wahrgenommen haben – jeweils mit jemand anderen liiert.

Wie sie sich vor vier Jahren dann nach ihren Trennungen näher kamen. Was es für eine göttliche Fügung für sie ist, dass sie sich gefunden haben. Das Treueversprechen sagen sie mir nach und flechten zeitgleich ein Band, das sie hinterher als Erinnerung mitnehmen. Mit viel Segen gestärkt und einem irischen Segenslied ziehen wir hinaus zum Sektempfang. Die Begeisterung ist allen ins Gesicht geschrieben.

Andrea lächelt: "So eine tolle Atmosphäre! Die Musik, der Gesang, die ganz persönliche Ansprache von dir!" – "Würdest du nochmal für einen Segen zur Aktion "einfach heiraten" kommen?", frage ich neugierig Philipp. "Nein", antwortet er mir prompt.

"Nein, es war ein besonderer Moment mit einem besonderen Menschen für mich und den will ich mir für immer behalten!"

einfach Heiraten Banner

Andrea und Philipp. Martha und Jonas. Kathrin und Heinrich. Sabrina und Irene. Die Namensliste ist endlos lang. In ganz Bayern sind am 24.4.24 über 600 Pärchen gesegnet oder getraut worden. Mit ihren persönlichen Geschichten. "Und wärst du bei der nächsten Aktion "einfach heiraten" wieder dabei?", fragt mich mein Mann, als ich am Abend gegen 23 Uhr todmüde ins Bett falle. Wie Philipp antworte ich prompt und ohne Nachzudenken – aber doch ganz anders:

"Auf jeden Fall! Ich kann mir als Pfarrerin nichts Schöneres vorstellen, als an einem Tag Menschen Gottes Segen zuzusprechen"

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