Noch gleicht das Gotteshaus mehr einer Baustelle. Doch bei jedem, der in die Kirche spitzen darf, stellt sich sofort ein echter Wow-Effekt ein. 4540 Pfeifen, die kleinste gerade mal sechs Millimeter lang, die größte 6,20 Meter, 61 Register, zwei riesige Spieltische, dazu einige Extras wie den Zimbelstern oder die "Spanischen Trompeten": die Beckerath-Orgel macht in jeder Hinsicht etwas her.

Die Beteiligten zeigen sich zuversichtlich

"Mir war sofort klar, das wird fantastisch", sagt Rolf Miehl, Kirchenmusiker, Orgelbaumeister und Mitgesellschafter der Firma Beckerath. Er hatte die Orgel in der Hamburger Laeiszhalle, der früheren Musikhalle Jahrzehntelang betreut. Seit August ist er zusammen mit seinem koreanischen Mitarbeiter Sung-Eun Kwak drüber, die Orgel zu stimmen und zu intonieren, zwölf Stunden jeden Tag, sieben Tage die Woche. Doch die Mühe lohnt sich. "Noch in hundert Jahren werden die Menschen davon sprechen", zeigt sich Ulrich Sommermann vom eigens gegründeten Orgelbauverein enthusiastisch.

Schon die Vorgeschichte ist kurios: die alte Orgel der Münchberger Stadtkirche schwieg schon seit vielen Jahren. Die alte Pfeifenorgel war nach der Renovierung des Gotteshauses 2015 gar nicht wieder aufgebaut worden. Selbst bei einer Instandsetzung wäre sie klanglich und technisch völlig unzureichend gewesen, so die Sachverständigen. Um nicht ganz ohne dazustehen, hatte die Gemeinde als Übergangslösung eine elektronische Orgel angeschafft.

Durch Zufall im Internet auf die Orgel gestoßen

Da traf es sich gut, dass Dekanatskantor Jürgen Kerz in einem Internetforum auf die Hamburger Laeiszhalle gestoßen war. Die Beckerath-Orgel des berühmten Hamburger Orgelbauer Rudolf von Beckerath aus den Jahren 1949/1950 stand tatsächlich zum symbolischen Preis von einem Euro zum Verkauf. Der Grund: Nachdem das Orgelwerk in den zurückliegenden Jahren in der Hansestadt kaum mehr ertönte, wurde es 2021 wegen seiner klanglichen Defizite zum Verkauf angeboten.

Da schlugen die Münchberger zu. Was für die Hamburger Laeiszhalle mit ihren über 2000 Plätzen nicht mehr ausreichend war, ist für die Münchberger Stadtkirche mit ihren 800 festen Sitzplätzen bestens. Alle Sachverständigen waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die Orgel optimal zur Stadtkirche und die Kirche optimal zur Orgel passt.

Kaufpreis 1 Euro plus weitere Kosten

Nun ist es freilich nicht so, dass es bei dem einen Euro blieb. Die Gesamtkosten für den Ausbau in Hamburg, den Umzug und den Einbau in Münchberg beziffert Ulrich Sommermann inklusive aller Elektriker, Statiker, Architekten und Sachverständigen auf rund 754.000 Euro. 288.000 Euro davon trägt das staatliche Bauamt, also der Freistaat. 274.000 Euro konnten bislang als Spenden aufgebracht werden. Bleiben rund 190.000 Euro, die noch nicht gedeckt sind. Der Orgelbauverein und die Gemeinde werben deshalb aktuell um Pfeifenpatenschaften. Die kleinste ist schon für 170 Euro zu haben, für die Größte werden 1700 Euro fällig. Jeder Spender erhält eine Patenschaftsurkunde und kann sich sicher sein, ein gutes Werk vollbracht zu haben, das vielleicht sogar Jahrhunderte andauern wird.

Interessant ist es am Rande, dass der größte Teil des Originalinstruments vom Kirchenschiff aus gar nicht einsehbar ist. Grund dafür ist, dass der Prospekt, also das von außen Sichtbare der Hamburger Orgel nicht mit umgezogen ist, sondern an Ort und Stelle verblieb. "Der neobarocke Prospekt hätte ohnehin nicht in unsere neugotische Kirche gepasst", sagte Christian Höllerer. Stattdessen wurde ein völlig neuer Prospekt gebaut.

Das erste große Konzert im November

Die festliche Weihe der Orgel findet am Samstag, 18. Oktober, um 15 Uhr statt. Einen Tag später, am Sonntag, 19. Oktober, um 15 Uhr lädt Dekanatskantor Jürgen Kerz zu einer "klanglichen Präsentation der Register" der neuen Orgel ein. Dabei bietet sich allen Interessierten bei freiem Eintritt die Gelegenheit, die neue Orgel in all ihren klanglichen Facetten näher kennenzulernen.

Das erste große Konzert findet dann am 8. November um 15 Uhr statt. Jürgen Kerz und der Münchberger Bachchor werden dabei Werke von Johann Sebastian Bach bis hin zu Coldplay und Robbie Williams aufführen. Der Konzerttermin liegt bewusst einige Wochen nach der Weihe, da neue Orgeln dieser Größe in den ersten Wochen nach dem Aufbau erfahrungsgemäß noch kleinere technische Nachjustierungen, eine Art "Einspielzeit", benötigen.