Predigttext (5. November 2017)

Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.

Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.

Matthäus 10, 34-39

Zu meiner Konfirmation haben mir meine Paten eine Gitarre geschenkt. Noch heute ist sie im Einsatz! Anfang der 80er-Jahre habe ich einen Aufkleber auf dem Instrument angebracht: "Schwerter zu Pflugscharen". Neben diesem Zitat aus dem 4. Kapitel des Propheten Micha ist ein Schmied in Aktion zu sehen. Das Bild wurde zum Symbol staatsunabhängiger Abrüstungsinitiativen in der DDR und von der westdeutschen Friedensbewegung übernommen.

Die christliche Friedensbewegung hat mich und viele meiner Generation geprägt und den Blick auf die versöhnende Botschaft des Evangeliums gelenkt. In Friedensgruppen, auf Kirchentagen und im Religionsunterricht der Oberstufe haben wir diskutiert und darum gerungen, ob Schwerter wirklich zu Pflugscharen geschmiedet werden sollten oder ob es die militärische Abschreckung braucht.

Die Antwort war für uns klar: Frieden schaffen ohne Waffen! Die Botschaft Jesu ist doch eindeutig: "Selig sind die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen".

Und in der bald kommenden Adventszeit hören wir wieder vom verheißenen Friedensfürsten. Jesus ist der Friedensstifter schlechthin! Oder doch nicht?

"Ich bin nicht gekommen Frieden zu bringen, sondern das Schwert". Jesus polarisiert, ja er provoziert. Das Wort vom Schwert irritiert und verstört mich.

Das klingt eher nach Gotteskrieger denn nach Friedensstifter. Auch das Christentum hat dunkle Flecken in seiner Vergangenheit. Nicht zuletzt rund um den Reformationstag wird uns dies nur allzu schmerzlich bewusst, dass im Namen des Christentums viel Blut vergossen wurde.

Dass Krieg und Zerstörung nicht biblisch legitimiert werden können, ist heute unstrittig. Aber was bedeutet dann dieses Heraufbeschwören von Streit und Entzweiung?

Lohnend ist ein  Blick auf den Gesamtzusammenhang des Predigttexts. Die Verse stehen in der sogenannten Aussendungsrede. Die Jünger werden auf das vorbereitet, was sie erwartet, wenn sie Jesu Botschaft weitertragen. Das wird keine harmonische Wanderung mit ein paar moralischen Weltverbesserungsideen. Es geht um Nachfolge, um das Radikale der christlichen Botschaft.

Diese Radikalität eckt mitunter an und verträgt keine faulen Kompromisse um des lieben Friedens willen. Damals wie heute.

Wer sich in der frühen Kirche taufen ließ, wandte sich vom Kult der Familie ab und wurde zum Außenseiter. Das geschah nicht lautlos, sondern brachte Konflikte in den Familien mit sich. Die christliche Botschaft – auch die Friedensbotschaft – fordert heraus. Sie fordert mich heraus und ich ringe darum, was sie für mich bedeutet.

Jesu Worte fordern uns auf die Komfortzone zu verlassen und Stellung zu beziehen. Das kann auch schmerzhaft sein – in der Familie, am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis.

Jesu Rede vom Konflikt zwischen den Menschen und vom Kreuz-auf-sich-nehmen beschreibt eher die Realität als ein zukünftiges düsteres Szenario.

Ja, ich versuche zu verstehen, was die biblische Botschaft für mein Leben bedeutet. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich, dass meine Erkenntnisse manchmal nur Stückwerk sind. Und dennoch habe ich gar keine andere Wahl als immer wieder zu versuchen das zu leben, was ich vom Evangelium verstanden habe.

Immer noch suchen wir als Christinnen und Christen Antworten auch auf drängende politische Fragen. Nach fast 40 Jahren Friedensbewegung weiß ich, dass wir mit einzelnen Bibelversen keine Politik machen können.

Aber mehr Schwerter mehr zu Plugscharen? Könnte sicher nicht schaden.

 

 

GEBET

Gib Frieden, Herr, gib Frieden:

Denn trotzig und verzagt

hat sich das Herz geschieden

von dem, was Liebe sagt!

Gib Mut zum Hände reichen,

zur Rede, die nicht lügt,

und mach aus uns ein Zeichen

dafür, dass Friede siegt.

Amen

 

Jürgen Henkys (EG 430, 4)