Vor allem eins schätzen die Klienten: "Bei uns bekommt man schnell einen Termin", sagt Psychologe Nick Stieglitz, der das Beratungsteam leitet. Das ist "draußen" anders. Da muss man oft ein halbes Jahr auf eine erste Sitzung beim Therapeuten warten.

Das Team der Psychologischen Beratung besteht derzeit aus elf vorwiegend weiblichen Studierenden. Viele, aber bei Weitem nicht alle wollen später einmal Psychologin werden. "Im Moment arbeitet auch eine Theologiestudentin mit", sagt Stieglitz. Bei manchen liegt der Studieneinstieg noch gar nicht lange zurück. Andere sind schon jahrelang dabei. Naomi Mouangué zum Beispiel. Die Psychologie-Masterstudentin begann vor viereinhalb Jahren, sich für Kommilitonen in kleineren oder größeren Krisen zu engagieren. Seither hat sie viel gelernt. Und zwar nicht nur durch den Kontakt mit den Klienten: "Vor allem die Fortbildungen bringen eine Menge."

Acht Euro für die Fortbildung

Beraten werden laut Nick Stieglitz nicht nur Studierende. "Wir sind auch für Schüler und Auszubildende da", so der Psychologe, der seit Oktober in der Schmerztagesklinik der Uni Würzburg arbeitet. Viele Themen verbinden Studierende, Lehrlinge und Schüler. Zum Beispiel die Furcht vor der nächsten Klausur. Oder die Frage, ob man vielleicht den falschen Beruf lernt und das Studium oder die Ausbildung besser abbrechen sollte.

Gerade Prüfungsangst ist ein häufiges Beratungsthema. Wobei im Lauf der Gespräche durchaus weitere Themen auftauchen können. Oft mündet das Nachdenken darüber, was denn an Prüfungen so schrecklich ist, in die Erkenntnis, dass man große Angst hat, zu versagen. Die Beratung ist deshalb auch nicht nach ein oder zwei Treffen beendet. Stieglitz: "Manchmal erstreckt sie sich über drei Semester hinweg."

Angstfreier in die Prüfungen

Das kann Naomi Mouangué bestätigen. Viele ihrer Klienten, die sie seit Anfang 2014 beraten hat, waren ein Jahr lang bei ihr. Zunächst nutzten sie zum Beispiel die Chance, durch die Tipps der studentischen Beraterin angstfreier in die nächste Prüfung zu gehen. Sie fanden etwa heraus, dass ihnen Muskelentspannung hilft, die Angst in Schach zu halten. "Wenn sie dann schon einmal in der Beratung sind, kommt es öfter vor, dass die Klienten Themen ansprechen, die zwar nicht akut sind, mit denen sie sich aber schon länger beschäftigen", so Mouangué. Das Spektrum reicht von nagenden Selbstzweifeln über familiäre Konflikte bis hin zu Partnerschaftsproblemen.

Alle im Team engagieren sich ehrenamtlich – sowohl die studentischen Berater als auch Nick Stieglitz als Leiter. Motivation ist für die meisten, das theorielastige Studium durch Praxis anzureichern. Und Praxis erhalten die elf Studierenden, die sich an jedem Montag in der ESG treffen, reichlich. Wer länger mit dabei ist, bekommt ein tiefes Wissen über die verschiedenen Methoden, Menschen in seelischer Not zu helfen. Angefangen von Verhaltenstherapie über Psychoanalyse bis hin zu gestalttherapeutischen Ansätzen.

Neben der Beratung bietet das Team Studierenden auch Kurse an – die nicht immer, aber oft etwas mit dem Thema Psyche zu tun haben. Spannend verspricht ein Filmabend über Schizophrenie am 13. Dezember zu werden. Über diese Krankheit aufzuklären findet Nick Stieglitz wichtig: "Denn es ranken sich viele Mythen um sie." Aufgeklärt wird an diesem Abend nicht nur durch den Spielfilm. Im Anschluss diskutiert Simon Schindler, Oberarzt der Psychiatrie in Tauberbischofsheim, mit den Kursteilnehmern darüber, wie die komplexe Krankheit zu verstehen ist.

Wortlos vorüber

Während die Beratungen immer kostenlos sind, auch wenn sie sich über drei Semester ziehen, wird für die Kurse ein kleiner Obolus verlangt. Acht Euro kostet zum Beispiel ein Zwei-Abend-Seminar zum Thema Entscheidungsfindung. Die Preise decken gerade so die Unkosten. "Ansonsten sind wir auf Spenden angewiesen", sagt Nick Stieglitz. Die Spendengelder fließen in Flyer, vor allem aber in Fortbildung und eine monatliche Supervision.

Beraten wird im Übrigen auf Wunsch anonym. Zwar geben viele Studierende ihren Namen preis. Doch Pflicht ist das nicht. Und was, wenn man sich am nächsten Tag in der Uni über den Weg läuft? "Das ist mir noch kein einziges Mal passiert", lacht Naomi Mouangué. Allerdings kreuzten schon einige Male Klienten in der Stadt ihren Weg. Manche grüßte sie, andere nicht. "Wir machen immer zu Beginn der Beratung aus, wie wir uns verhalten wollen, wenn wir uns zufällig einmal treffen", so die Psychologie-Studentin. Einigen Studenten ist es am liebsten, dass man dann so tut, als hätte man noch nie miteinander zu schaffen gehabt. Und wortlos aneinander vorbeiläuft.