Muslime, die ihren Glauben aufgeben? Iraner fliehen aus dem Iran, weil sie das politische System ablehnen. Dort sind Staat und Religion eins, also erscheint ihnen Konversion als logischer Schritt. Wenn ein Iraner konvertiert, begibt er sich aber in Lebensgefahr, denn im Iran wird Apostasie, der Abfall vom Glauben, mit dem Tod bestraft. Somit braucht er Schutz. Will er also wirklich Christ werden oder »nur« in Deutschland Asyl erhalten?

Solche Fragen sind protestantischen Pfarrern derzeit wichtig, weil sie mit dem Sakrament der Taufe kein Schindluder treiben wollen. Für Protestanten ist die Taufe eines von zwei Sakramenten. Jeder evangelische Pfarrer verspricht bei der Ordination, sie nach rechter Ordnung zu verwalten.

Bei der Pfarrkonferenz des evangelisch-lutherischen Dekanats Passau spielten solche Fragen eine Rolle. Als Referent geladen war Kirchenrat Rainer Oechslen, Beauftragter der evangelischen Landeskirche für interreligiösen Dialog und Islamfragen.

Ziel: mündiger Christ

Die Kirchengemeinden erreichten derzeit verstärkt Taufanfragen von Muslimen, die auch zu den Gottesdiensten kommen, schilderten Pfarrerin Sonja Schuster aus Grafenau und Pfarrer Heinrich Soffel aus Pfarrkirchen. Rainer Oechslen erklärte, dass viele Kollegen angesichts zahlreicher Taufbitten von Muslimen bereits von »Erweckung« redeten. Es gelte jedoch zu differenzieren: Flüchtlinge aus dem Iran, in dem das sehr klerikale Regime Religion als Zwangsinstrument nutze und es kaum anerkannte religiöse Minderheiten gibt, kämen bereits mit der Absicht nach Deutschland, sich taufen zu lassen. Sie interessierten sich meist schon lange für das Christentum.

Taufen, die gespendet werden sollen, um im Asylverfahren Vorteile zu haben und eine Abschiebung zu verhindern, seien dagegen meist nicht von langer Dauer. Die Bewerber würden häufig nach wenigen Monaten wieder austreten, etwa wenn sie Kirchensteuer zahlen müssten. Oechslen riet, nach den Motiven der Taufbewerber zu fragen. Grundsätzlich mahnte er zur Vorsicht, weil Getaufte in den Unterkünften oft Konflikten ausgesetzt seien. Ziel protestantischer Theologie aber sei der mündige Christ.

Taufe ist kein interreligiöser Dialog

Auch Ruhestandspfarrer Peter Metzger, Beauftragter für Asyl und Migration im Dekanat Passau, riet dazu, bei Taufgesprächen zu erkunden, wie ernst es den Taufbewerbern sei. Es müsse den Pfarrern bewusst sein, in welche Situation man Muslime bringe, die in den Islam hineingeboren werden, wenn sie getauft sind. »Ich sage mich vom Islam los, und Mohammed ist kein Prophet.« Ein Hammersatz selbst für säkulare Muslime. Das könne problematisch werden. Die Taufe sei kein interreligiöser Dialog.

Auch die Haltung der Gemeinden zum Bau von Moscheen war Thema. Pfarrer Alexander Schlierf wollte wissen, ob man verlangen könne, dass in der Moschee, die demnächst in Vilshofen gebaut werde, in deutscher Sprache gepredigt werde. Die Sprache des Gottesdiensts richte sich nach der Möglichkeit der Teilnehmer, betonte Oechslen. Es gebe internationale Gottesdienste in Englisch, evangelische Gottesdienste in chinesischer Sprache für Christen aus China und arabischsprachige christliche Gottesdienste. Kämen die Besucher aber aus verschiedenen Ländern, zum Beispiel aus Afghanistan, der Türkei und dem Iran, sei Deutsch die gemeinsame Sprache.

Erstes Konzeptionspapier

Der Dialog mit dem Islam sei schwierig, da es gegenüber den staatlichen Stellen für rechtliche Vereinbarungen keine autorisierten Kräfte gebe. Es sei sehr viel Vertrauen notwendig, das in vielen Begegnungen aufgebaut werden müsse.

Zu Beginn berichtete Oechslen über die Vorgeschichte der »Konzeption der interreligiösen Arbeit« in der evangelisch-lutherischen Landeskirche, die eine Arbeitsgruppe unter der Führung von Oechslen erarbeitete. Sie sei die erste Landeskirche, die dazu etwas sage. Zu der Schrift, die 2016 erschienen ist, gebe es bislang kein vergleichbares Dokument. Vor allem die theologischen Grundlinien seien sinnvoll und hilfreich im Dialog mit dem Islam, dem der Konzeption zufolge ein Bekenntnis zur Geltung der Menschenrechte und Gleichwertigkeit von Frau und Mann zugrunde liegen sollen