München (epd). Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) hat sich am Donnerstag vor dem Verfassungsausschuss des Landtags für eine unabhängige Ombudsstelle für Betroffene von Missbrauch in der Kirche ausgesprochen. Eine solche bayerische Stelle könne die Opfer von Missbrauchsfällen begleiten und beraten, sagte er bei der Anhörung. Er halte dies auch für wichtig, "weil die Kirchen dabei zum Teil noch nicht so gut sind". Er sei darüber mit dem zuständigen Ministerium im Gespräch.
Auf Fragen der Grünen-Fraktion berichtete Eisenreich dem Ausschuss über die Tätigkeit der Staatsanwaltschaften nach den Missbrauchs-Gutachten und -Studien in der katholischen Kirche aus den Jahren 2010, 2018 und 2022. Die Staatsanwaltschaft habe nach dem Gutachten von 2022 zu Fällen in der Erzdiözese München und Freising 39 Vorermittlungen und sechs Ermittlungen eingeleitet, so der Minister. Die Staatsanwaltschaft München werde in Kürze über die Ergebnisse der Ermittlungen selbst informieren, kündigte Eisenreich an.
Durch diese neueste Missbrauchsstudie sei der Blick auch auf die Problematik der Beihilfe gerichtet worden. "Das Thema bewegt mich", so Eisenreich, wenn Aufsichtspersonen ihre Fürsorgepflichten verletzt und damit Missbrauch ermöglicht hätten. Wenn diese Personen nicht wegen Beihilfe oder Teilnahme belangt werden könnten, sehe er hier eine "Regelungslücke", die die Bundesregierung mit einem Gesetz schließen müsse.
In der Studie war insbesondere Prälat Lorenz Wolf in die Kritik geraten. Die unabhängigen Gutachter der Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl warfen ihm vor, in mehreren Fällen wesentlich dazu beigetragen zu haben, Missbrauchsdelikte zu vertuschen und zu verharmlosen.
Der Minister räumte bei der Befragung außerdem ein, es sei ein Versäumnis gewesen, dass ein im Jahr 2010 fertiggestelltes Missbrauchsgutachten des Erzbistums München und Freising erst neun Jahre später von den Staatsanwaltschaften aufgegriffen worden seien. Es sei dadurch aber nicht zur Verjährung von Missbrauchsfällen gekommen. Ob Täter in der Zwischenzeit verstorben waren, konnte Eisenreich nicht beantworten.
Nach einem Missbrauchs-Gutachten 2018, in dem Täter, Tatorte und Opfer anonymisiert waren, seien die Generalstaatsanwaltschaften in ganz Deutschland überein gekommen, dass pauschale Durchsuchungen bei den Diözesen nicht zulässig seien, so Eisenreich. "Es lag kein Anfangsverdacht vor". Man habe die Kirchen um die Herausgabe von Akten gebeten. Dem seien die nachgekommen.
Die Grünen-Fraktion im Landtag wollte die Rolle der bayerischen Justiz bei der Aufarbeitung und strafrechtlichen Verfolgung von Missbrauch im Bereich der katholischen Kirche beleuchten. Dass immer wieder Meldungen zu neuen Vorfällen des sexualisierten Missbrauchs in den Kirchen die Öffentlichkeit "mit erschreckender Regelmäßigkeit" erschütterten, sei "ein klarer Hinweis darauf, dass die bisherigen Bemühungen nicht ausreichen, um die Vorfälle umfassend aufzuklären", erläuterte die Grünen-Fraktion.