Garmisch-Partenkirchen (epd). Ein ökumenisches "Requiem für den Zugspitzgletscher" planen die Kirchen in Garmisch-Partenkirchen am 25. Juli. Sterbende zu begleiten, sei eine Kernaufgabe von Kirche, sagte Pfarrerin Uli Wilhelm im epd-Gespräch: "Und der Gletscher auf der Zugspitze ist zweifellos ein solcher." Um auf die konkreten Folgen der Erderwärmung aufmerksam zu machen, werde man den Gletscher nach einer Andacht aussegnen. Neben den Teams der Ortskirchen seien auch Wissenschaftler der Umweltforschungsstation "Schneefernerhaus" beteiligt. Die Zugspitze ist mit 2.962 Metern über Null der höchste Berg Deutschlands.

Der südliche Schneeferner auf dem Zugspitzplatt sei durch die Rekordsommer der letzten Jahre so stark geschrumpft, dass er seinen Status als "Gletscher" bereits verloren habe. "Ein Gletscher wächst von oben neu nach, er transportiert das Eis nach unten und taut dort ab", erläuterte Wilhelm. All das sei beim südlichen Gletscher nicht mehr gegeben: "Das ist nur noch ein Flecken Toteis." Der nördliche Schneeferner werde ebenfalls bald kein Gletscher mehr sein. Daran änderten auch die späten Schneefälle in diesem Jahr nichts: "Es gibt auch Sterbende, die noch gut ausschauen."

Dass auf der Zugspitze bald nur noch Geröll statt ewigem Eis herrsche, beschäftige die Einheimischen. In vielen Gesprächen seien Trauer darüber und Ängste um die Zukunft spürbar. Die Aktion soll, so die Pfarrerin, deshalb ein plakatives Zeichen sein, das "wachrüttelt, aber nicht deprimiert". Wenn eine Familie das Sterben eines Angehörigen bewusst miterlebe, könne das neben aller Trauer auch den Zusammenhalt stärken. Eine ähnliche Wirkung erhofft sich Uli Wilhelm von der Andacht für den Gletscher.

Denn im Unterschied zu den Aktivisten der "Letzten Generation" solle das "Requiem" nicht nur auf die bedrohlichen Folgen des Klimawandels verweisen, sondern auch Hoffnung verbreiten. "Wissenschaftler betonen, dass die Menschheit längst das Knowhow hat, um den Klimawandel zu begrenzen - wir beten dafür, dass sie sich jetzt entschließt, das endlich zu machen", sagte Wilhelm.

Sie selbst habe als Studentin zur Hochzeit von Ozonloch und saurem Regen weiße Kreuze an Bäume gemalt. "Dann wurden FCKW-freie Kühlschränke erfunden und der Wald gerettet", erinnert sich die Theologin. Auch in der aktuellen Klimakrise sei Handeln möglich. "Wir wollen Hoffnung verbreiten, ohne naiv zu sein", so Wilhelm.

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