München (epd). 89 Prozent der Kliniken in Bayern erwarten nach Ergebnissen der jährlichen Umfrage zum Bayerischen Krankenhaustrend für das Jahr 2023 ein Defizit, teils in Millionenhöhe. "Ich hätte mir nicht vorstellen können, ihnen einmal solche Zahlen präsentieren zu müssen", sagte Roland Engehausen, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), bei der Vorstellung des 14. Bayerischen Krankenhaustrends am Mittwoch in München. "Wenn neun von zehn Krankenhäusern ins Defizit rutschen, geht es nicht um schlechtes Wirtschaften - das ist ein systemisches Versagen." 2022 schlossen bereits 71 Prozent der Kliniken mit negativen Betriebsergebnissen ab.

Bayernweit beträgt das Defizit nach Angaben der BKG bereits monatlich über 100 Millionen Euro. Wenn kommunale Krankenhausträger dies auffangen müssten, fehle das Geld in den Kommunen für andere wichtige soziale Aufgaben und Investitionen beispielsweise in die Infrastruktur, warnte Tamara Bischof, erste Vorsitzende der BKG und Landrätin im Landkreis Kitzingen. Das sei ein Zeichen für ein "völliges Versagen des Finanzierungssystems. Das wird nicht lange gutgehen."

Durch die fehlenden Mittel könnten beispielsweise Personalengpässe nicht durch Zeitarbeit ausgeglichen werden. "Aus einer Wirtschaftskrise wird eine Versorgungs- und Vertrauenskrise", sagte BKG-Geschäftsführer Engehausen. Zwischenzeitlich hätten die Kliniken jede siebte Behandlungsmöglichkeit nicht mehr anbieten können. Die BKG-Vorsitzende Bischof forderte den Bund auf, die durch die Inflation entstandene Finanzierungslücke bei den Betriebskosten zu schließen. Außerdem müssten die Härtefallmittel sofort fließen, um die Kliniken vor Insolvenzen zu schützen.

Auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) unterstützt die Forderung der BKG. Viele Kliniken gingen finanziell auf dem Zahnfleisch, da die Energie- und Sachkosten massiv gestiegen seien. "Diese Kostensteigerungen werden nicht ausreichend vom Bund beziehungsweise den Krankenkassen refinanziert. Und das Bitterste: Das Geld steht theoretisch zur Verfügung - nur wird es wegen eines falsch gewählten Vergleichszeitraums nicht ausgezahlt", sagte Holetschek laut Mitteilung seines Ministeriums. Die Betriebskosten der Kliniken müssten generell und auf Dauer vernünftig refinanziert werden.

Der Freistaat springe mit einem eigenen Härtefallfonds mit rund 100 Millionen Euro ein, so Holetschek weiter. Vor dem nächsten Haushalt werde es Beratungen geben, wie und in welcher Höhe es mit der Investitionskostenförderung des Freistaats für die Krankenhäuser weitergehe. Mit Blick auf die Krankenhausreform forderte der Minister: "Die Reform ohne Rücksicht auf das Personal und unter Inkaufnahme von Nachteilen für die Patientenversorgung nur um der Reform willen rasch durchzudrücken, kann nicht das Ziel sein." Er forderte die Bundesregierung auf, "die Hilferufe aus den Kliniken sowohl bei der Reform als auch bei den Härtefallhilfen zu hören".

An der Umfrage unter den Verantwortlichen in den bayerischen Krankenhäusern beteiligten sich 127 Träger für 179 Krankenhäuser, das entspricht 67 Prozent der Betten im Freistaat. Als Grund für das Defizit nannten sie vor allem den fehlenden Inflationsausgleich. Hilfsgelder kämen nicht ausreichend in den Kliniken an. So seien aufgrund falscher Bezugsdaten und komplizierter Detailregelungen im vierten Quartal 2022 nur weit unter zehn Prozent der vorgesehenen Mittel aus dem Härtefallfonds an die Kliniken ausbezahlt worden, sagte Markus Stark, Geschäftsführer der Kliniken Dr. Erler in Nürnberg.

Als größte Sorge wurde in der Umfrage der Fachkräftemangel genannt. Auch die Unsicherheit durch die politischen Rahmenbedingungen und die Diskussion um eine Krankenhausreform belasten die Krankenhäuser in Bayern stark. 86 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage haben nur "niedriges" Vertrauen in die Bundesregierung bei dieser Reform. Das Vertrauen sei gefährdet, weil Praktiker bei den Beratungen außen vor gehalten würden, sagte Engehausen.

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