München, Berlin (epd). Die Kirchenpolitiker der SPD aus Bund und Ländern wollen die finanzielle Ablösung von Staat und Kirche vorantreiben. "Unser Ziel ist es, die überfällige Ablösung der Staatsleistungen innerhalb einer Generation zum Abschluss zu bringen", sagte Lars Castellucci, Beauftragter für Kirchen und Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktion bei einer Konferenz der religionspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der SPD-Fraktionen aus Bund und Ländern laut einer Mitteilung der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag.

Damit die Haushaltssituation in den Ländern mit berücksichtigt wird, wollen die SPD im Grundsätzegesetz, das die Ampelkoalition vorhat zu verabschieden, großzügige zeitliche Korridore. "Wir begrüßen die Bemühungen der SPD-geführten Bundesregierung und rufen die Landesregierungen auf, den Prozess weiterhin konstruktiv zu begleiten."

Gegen Pläne zur Ablösung der Zahlungen an die Kirchen gibt es Widerstand aus den Ländern, auch von SPD-geführten Landesregierungen. Staatsleistungen erhalten die Kirchen als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Güter und Grundstücke im Zuge der Säkularisierung vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie sind von der Kirchensteuer zu unterscheiden und betragen mehr als eine halbe Milliarde Euro pro Jahr an evangelische und katholische Kirche.

Im Grundgesetz steht eine aus der Weimarer Reichsverfassung übernommene Verpflichtung zur Ablösung der Staatsleistungen. SPD, Grüne und FDP haben dieses Vorhaben erstmals in einem Koalitionsvertrag vereinbart. Der Bund ist in der Ablöse-Frage zuständig dafür, die Rahmenbedingungen gesetzlich zu verankern. Die Verhandlungen über die konkrete Höhe der Ablösesummen müssten die Länder führen, die die Zahlungen leisten.

Zwischen Bundesinnenministerium, den Ländern und Kirchen gab es bereits Gespräche über ein mögliches Modell der Ablösung. Wesentliche Details wie die Höhe und der Zeitraum, in dem die Zahlungen von den Ländern zu leisten wären, sind aber weiter umstritten.

Die SPD-Expertinnen und Experten forderten zudem bei der Aufarbeitung der Missbrauchsskandale in kirchlichen Einrichtungen maximale Transparenz und gleiche Standards. "Die Betroffenen haben ein Recht auf komplette Aufarbeitung", sagte Castellucci. Das schließe die Akteneinsicht und weitgehende Informationsrechte ein. Die Entscheidung, ob den Opfern Entschädigungen zustehen, dürften nicht die Institutionen selbst entscheiden. Deshalb setze sich die SPD für eine gemeinsame Stiftung für die Opfer sexualisierter Gewalt ein. Sie könne sich aus Beiträgen betroffener Institutionen, staatlichen Mitteln und Einnahmen bei Verstößen gegen Auflagen der Aufarbeitungskommission finanzieren.

Die kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag, Diana Stachowitz, forderte für Bayern einen unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs - entsprechend dem Beauftragten im Bund. "Angedockt an den Missbrauchsbeauftragten, muss es eine unabhängige Aufarbeitungskommission geben!" Die Konferenz fand vom 6. bis zum 7. Juni in München statt.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden