München (epd). Der Paritätische Wohlfahrtsverband in Bayern kritisiert eine geplante bundesweite Einführung verpflichtender Sprachstandserhebungen bei allen Vierjährigen, wie sie der Koalitionsvertrag vorsieht. Solche Tests seien der falsche Ansatz, die Chancengerechtigkeit und Teilhabe von Kindern zu verbessern, sagte Margit Berndl, Vorständin des Paritätischen in Bayern, am Freitag in einer Mitteilung. Kinder würden nicht für eine Bildungskarriere gestärkt, "wenn Defizite markiert und über aufgezwungene Nachhilfe festgeschrieben werden".

Berndl forderte stattdessen, "strukturelle Schwachstellen" zu beseitigen. Der Zugang zur Kindertagesbetreuung für benachteiligte Familien müsse erleichtert werden. Träger und Einrichtungen brauchten zudem ein solides finanzielles Fundament, "um gezielt den Bedarfen der Kinder und Familien vor Ort begegnen zu können."

Es werde politisch kaum beachtet, dass systemische Mängel den Zusammenhang von Herkunft und Bildungserfolg zementierten, sagte Brendl. "Statt Kitas besser und gezielter auszustatten, werden die Fehler im Kind und bei den Familien gesucht und auf die sprachliche Bildung reduziert." Der Kita-Bericht 2024 des Paritätischen Gesamtverbandes zeige, dass Kitas mit vielen sozial benachteiligten Kindern bundesweit häufig eine deutlich schlechtere personelle und räumliche Ausstattung hätten. Einen Hoffnungsschimmer sehe der Paritätische aber darin, dass der Koalitionsvertrag über ein Qualitätsentwicklungsgesetz ein Startchancen-Kita-Programm entwickeln wolle.

Die ersten Erfahrungen mit dem Sprachscreening in Bayern zeigten, dass in den Schulen Beratungslehrkräfte keinerlei Kapazitäten mehr für ihre eigentliche Aufgabe hätten. Zudem gebe es in Bayern ein etabliertes Beobachtungsverfahren, mit dem Kinder in ihrer sprachlichen Entwicklung eingeschätzt würden. Stelle eine Kita keinen Förderbedarf fest, müssten die Kinder auch nicht zum Screening in die Schule.

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