Überlebende, Angehörige ehemaliger Häftlinge sowie hunderte Gäste aus Bayern und Europa erinnerten am Ort des Grauens im Konzentrationslager Flossenbürg an das unmenschliche Leiden der Inhaftierten und richteten mahnende Worte an die Nachwelt.
Befreiung des Konzentrationslagers Flossenbürg
In dem Lager mit seinen Außenstellen waren zwischen 1938 und 1945 mehr als 100.000 Menschen inhaftiert, mehr als 30.000 Menschen überlebten die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht.
"Ist es ein Tag, den wir feiern können?", fragte Landtags-Vizepräsident Tobias Reiß (CSU) angesichts der acht Jahrzehnte nach der Befreiung des Lagers durch die US-Armee. Seit drei Jahren herrsche wieder Krieg in Europa - und die Feinde der Demokratie "greifen uns unverhohlen" an, sagte der Repräsentant des bayerischen Parlaments laut Redemanuskript. In seiner Gedenkrede rief er die Menschen dazu auf, sich für Demokratie und Freiheit einzusetzen. "An diesem 80. Jahrestag kommt kein alliierter Retter. Wir stehen selbst in der Pflicht", mahnte er.
Die Menschheit lerne selten aus der Geschichte, der Holocaust sei da keine Ausnahme, obwohl er so ausführlich dokumentiert sei, sagte Emilia Rotstein, die Tochter des ehemaligen Häftlings und Überlebenden Leon Weintraub (Stockholm). "Trotzdem gibt es jetzt wieder Verneiner, Menschen, die behaupten, es wäre nie geschehen", gab die Angehörige zu bedenken. Die nachfolgenden Generationen stünden in der Verantwortung: "Das Vergessen würde den Opfern abermals das Leben rauben." Auch Rotsteins Vater, Leon Weintraub (99), nahm an der Gedenkveranstaltung teil.
"Erinnerung wachhalten"
80 Jahre nach Kriegsende sei es "mehr denn je notwendig, die Erinnerung wachzuhalten", sagte die kommissarische Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Weltweit, auch in Deutschland verhinderten und zerstörten "Hassparolen auf Straßen und in Parlamenten das vernünftige Gespräch, völkische Ideologen führen das große Wort und bringen Mahner zum Schweigen". Die liberale Demokratie und ein Leben in Freiheit seien keine Selbstverständlichkeit, "sie müssen Tag für Tag aufs Neue verteidigt werden", betonte Roth.
Bis zur Befreiung des Lagers am 23. April 1945 durch die amerikanischen Alliierten durchliefen 100.000 Gefangene das Lager oder eines seiner 80 Außenlager. Fast ein Drittel überlebte nicht. Die SS beutete die Arbeitskraft von Häftlingen im örtlichen Steinbruch gezielt aus. Es herrschten schwerste Zwangsarbeit, Hunger, Krankheit und Gewalt. "Vernichtung durch Arbeit war das Prinzip", sagte Karl Freller, der Direktor der Stiftung bayerische Gedenkstätten. Für die Gedenkstätte sei es ein "wichtiger Meilenstein", dass der kommerzielle Abbau im ehemaligen Steinbruch nun endlich eingestellt sei. Damit könne der authentische Ort als Teil der Gedenkstätte öffentlich zugänglich gemacht werden.
Im Anschluss an den Gedenkakt fanden eine Kranzniederlegung und eine interreligiöse Beisetzung von sterblichen Überresten statt, die bei Bauarbeiten gefunden wurden. Sie wurden in der Gedenkanlage "Tal des Todes" beigesetzt.
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