Die von der Bundesregierung geplante teilweise Freigabe von Cannabis hat ein unterschiedliches Echo ausgelöst. Im Mittelpunkt der Diskussion steht vor allem der Schutz von Kindern und Jugendlichen. Kritik kam unter anderem vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verteidigte indes das Vorhaben und erhielt zumindest teilweise Rückendeckung vom Drogenbeauftragten der Bundesregierung.

Teillegalisierung von Cannabis

Lauterbach und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hatten am Mittwoch Eckpunkte zur geplanten Teillegalisierung von Cannabis vorgestellt. Lauterbach stimmte in den ARD-"Tagesthemen" der Kritik in puncto Jugendschutz prinzipiell zu.

Er sehe jedoch, "dass die bisherige Strategie nicht gewirkt hat, sondern dass die Lage immer schlimmer wird".

Dem wolle die Regierung etwas entgegensetzen. Lauterbach kündigte in diesem Zusammenhang Präventionsprogramme für Kinder und Jugendliche an, "die über die Gefahren des Konsums informieren".

In der Sendung "RTL aktuell" unterstrich der SPD-Politiker zudem, dass eine Abgabe der Droge an Kinder und Jugendliche "streng bestraft" werde.

Schutz von Kindern und Jugendlichen

Dagegen erwartet Unions-Fraktionsvize Dorothee Bär (CSU), mit den angekündigten Cannabis-Clubs halte die Ampel-Koalition "junge Menschen nicht von Drogen fern, sondern führt sie geradezu an Konsum heran".

In der "Augsburger Allgemeinen" (Donnerstag) kritisierte die Unionsexpertin für Jugend- und Familienpolitik das zentrale Vorhaben der Regierung daher als "frontalen Angriff auf den Kinder- und Jugendschutz".

Meinung des Drogenbeauftragten der Bundesregierung

Nachbesserungsbedarf in diesem Bereich sieht auch der Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Burkhard Blienert (SPD) begrüßte die Eckpunkte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag) zwar als "wichtigen Schritt zu mehr Gesundheits- und Jugendschutz und zu mehr Prävention".

Es gebe aber noch einiges zu tun. Blienert mahnte mehr "örtliche Prävention und Suchthilfe" an. Vor allem müsse es "an jeder Schule" Angebote zur Suchtvorbeugung geben, sagte der Drogenbeauftragte.

Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte begrüßte die Ankündigung Lauterbachs, den Kinder- und Jugendschutz in den Vordergrund zu stellen. Wie genau der Gesundheitsminister das erreichen wolle, gehe jedoch "aus dem aktuellen Entwurf nicht hervor", sagte Verbandssprecher Jakob Maske der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Donnerstag).

Maske zufolge ist es rechtlich zwar sinnvoll, den Cannabis-Konsum ab 18 Jahren freizugeben. "Medizinisch gesehen wäre ein Verbot bis zum Alter von 25 Jahren aber sinnvoll", unterstrich er.

Legalisierung von Cannabis - was ist geplant? 

In zwei Schritten will die Ampel-Koalition die Legalisierung von Cannabis angehen. Der private Besitz, Anbau und Konsum soll Erwachsenen ab 18 Jahren noch in diesem Jahr erlaubt werden. Der Verkauf in dafür bestimmten Geschäften oder Apotheken wird aber auf sich warten lassen. Er wird zunächst nur in einigen Regionen ausprobiert. Die wichtigsten der bisher bekannten Eckpunkte:

  • PRIVATER BESITZ: Künftig soll der private Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für Erwachsene legal sein. Außerdem soll der Anbau von bis zu drei Pflanzen mit berauschender Wirkung erlaubt werden.
  • CANNABIS-CLUBS: Nicht kommerzielle Clubs oder Vereine mit bis zu 500 Mitgliedern dürfen Cannabis anbauen und die Produkte ausschließlich an die Mitglieder abgeben. Erlaubt sind bis zu 50 Gramm pro Monat, für Menschen zwischen 18 und 21 Jahren bis zu 30 Gramm. Auch bis zu fünf Stecklinge oder sieben Samen für Pflanzen können abgegeben werden

Die Vereine unterliegen strengen Auflagen. Es gibt Qualitätsauflagen für den Anbau, die Abgabe der Blüten, Zutrittskontrollen und Sicherheitsvorschriften für die Anlagen. Dissens besteht in der Koalition darüber, ob in den Räumen des Vereins Cannabis konsumiert werden darf. Laut Eckpunktepapier soll das verboten werden. Auch der öffentliche Konsum in der Nähe von Schulen, Kitas und in Fußgängerzonen bis 20 Uhr soll verboten werden.

  • MODELLPROJEKTE FÜR LIZENZIERTE GESCHÄFTE: Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart und auch anders als in ersten Eckpunkten vom Oktober 2022 vorgesehen, wird der Verkauf von Cannabis zunächst nicht generell freigegeben. Geplant war eine Abgabe an Erwachsene in lizenzierten Geschäften oder in Apotheken. Das soll nun fünf Jahre lang zunächst nur in regionalen Modellprojekten ermöglicht werden.

Eine wissenschaftliche Auswertung des Einflusses der Modellprojekte auf den Konsum von Cannabis und den Schwarzmarkt in der Region soll die Grundlage für weitere Entscheidungen liefern. Das Vorgehen ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zufolge mit der EU-Kommission abgesprochen. Eine bundesweite Zulassung von lizenzierten Geschäften zum Verkauf von Cannabis sei nach EU-Recht derzeit nicht möglich.

  • MINDERJÄHRIGE Jugendlichen unter 18 Jahren sind Besitz und Konsum von Cannabis weiterhin verboten; sie werden aber nicht strafrechtlich verfolgt. Dafür müssen sie jedoch an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen, wenn sie Cannabis besitzen oder konsumieren.
  • WERBUNG: Es gilt ein allgemeines Werbeverbot für Cannabis und die Cannabis-Clubs. Sachliche Informationen sind erlaubt.
  • LÖSCHUNG VON STRAFURTEILEN: Wer für Verstöße gegen das derzeit noch geltenden Recht verurteilt worden ist, kann eine Löschung der Verurteilung aus dem Bundeszentralregister beantragen, wenn das damalige Verhalten nach neuem Recht nicht mehr strafbar ist - also beispielsweise der Besitz von weniger als 25 Gramm Cannabis. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes werden Ermittlungs- und Strafverfahren beendet, die nach dem neuen Recht keine Grundlage mehr haben.

Kommentare

Diskutiere jetzt mit und verfasse einen Kommentar.

Teile Deine Meinung mit anderen Mitgliedern aus der Sonntagsblatt-Community.

Anmelden