"Wir müssen dort gegen Klimawandel und Artensterben angehen, wo wir es am besten können: in den Städten und Kommunen vor Ort"

Hatten Sie vor Scharm El-Scheich nicht ein wenig Erwartungen in die Klimakonferenz, oder schien Ihnen das von Anfang an vergebene Liebesmüh, auf der Ebene einer Welt-Konferenz die Klimakatastrophe aufzuhalten?

Jörg Alt: Wer mich und meine Bücher kennt, weiß, dass ich Bemühungen auf der globalen Ebene schon begrüße, mir aber nichts davon verspreche. Meine Argumentation geht schon seit Jahren dahin, dass wir dort gegen Klimawandel und Artensterben angehen müssen, wo wir es am besten können: in den Städten und Kommunen vor Ort, auf der Ebene Deutschlands, immerhin eine der größten Wirtschaftsmächte weltweit, und auf der Ebene der EU.

Haben Sie Hoffnung, dass nach dem Scheitern der Konferenz jetzt wenigstens die EU Fahrt aufnimmt, Maßnahmen zu ergreifen?

Das ist ohnehin alternativlos. Wenn sich die EU auf den Weg macht und Maßnahmen anschiebt, die die sozial-ökologische Transformation voranbringt und dann ihren Binnenmarkt mit einer Grenzausgleichssteuer gegen all jene Billigkonkurrenten abschirmt, denen soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit weniger wichtig ist als Profite - dann werden auch jene sich anpassen müssen, wenn sie den Zugang zum weltgrößten Binnenmarkt nicht verlieren wollen.

"Ziviler Ungehorsam und Ziviler Widerstand wirkt."

Sie unterstützen die Aktionen der "Letzten Generation". Nachdem zurzeit kein Fernsehabend vergeht, an dem nicht mindestens eine Talkrunde über die "Letzte Generation" und ihre Mittel und Ziele diskutiert - ist das vielleicht ein Hoffnungszeichen?

Alt: Es zeigt, dass Ziviler Ungehorsam und Ziviler Widerstand wirkt: Er polarisiert und nervt, er bringt aber auch alle, deren Alltag er unterbricht, ins Nachdenken. Und zunehmend mehr Menschen scheinen zu verstehen, warum zu solchen drastischen Methoden gegriffen wird. Darin sehe ich in der Tat ein Hoffnungszeichen, denn wir können den sozial-ökologischen Umbau nicht gegen, sondern nur mit den Menschen in unserem Land auf den Weg bringen.