Leitende Kirchenvertreter haben an die am Reformationstag vor 25 Jahren in Augsburg von Vatikan und Lutheranern verabschiedete "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" erinnert.

Die Erklärung sei "Ansporn, auch in weiteren zentralen Fragen, wie etwa der gegenseitigen Anerkennung der kirchlichen Ämter und der gemeinsamen Feier der Eucharistie respektive des Abendmahls weiter voranzukommen", erklärte am Dienstag der neue Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bayerns Landesbischof Christian Kopp.

Auch die Anglikanische Gemeinschaft, der Weltrat Methodistischer Kirchen sowie die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen haben sich mittlerweile der Erklärung angeschlossen. Dies würdigte die Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes (LWB), die estnische Pfarrerin Anne Burghardt:

"Was als Bekenntnis von Lutheranern und Katholiken zu unserem gemeinsamen Fundament der Gnade und des Glaubens begann, hat sich zwischenzeitlich auf Methodisten, Reformierte und Anglikaner ausgeweitet. Wir sind vereint in dem Ziel, Christus in allen Dingen zu bekennen."

Der LWB repräsentiert 150 Mitgliedskirchen mit mehr als 78 Millionen Menschen.

Das Stichwort: Rechtfertigungslehre

Der Streit um die aus der Bibel abgeleitete Lehre von der Rechtfertigung spaltete am Ende des Mittelalters die Christen in Europa. Dabei ging es um das Zentrum ihres Glaubens: Wie bringt der Mensch sein Verhältnis zu Gott in Ordnung? Wie findet ein sündiger Mensch Gnade vor Gott? Katholiken und Protestanten beantworteten diese Fragen unterschiedlich und gingen seit dem 16. Jahrhundert getrennte Wege. Vor allem mit der Rechtfertigungslehre grenzten sich beide Kirchen rund 500 Jahre lang voneinander ab.

Martin Luther (1483-1546) und andere Reformatoren machten die Lehre zur Kernthese der Reformation. Danach kann ein Mensch sich nicht durch Leistung - wie Gebete, Wallfahrten oder Spenden - selbst erlösen. Das Seelenheil wird ihm vielmehr von Gott "allein durch den Glauben" geschenkt. So interpretierte bereits der Apostel Paulus Mitte des ersten Jahrhunderts die Botschaft Jesu von der unmittelbaren Liebe Gottes zu den Menschen. Luther hatte dies für seine Zeit neu übersetzt. Seine "reformatorische Entdeckung" sah er als große Befreiung von angsteinflößenden religiösen Gesetzen, die kaum ein Mensch erfüllen kann.

Die von Luther geforderten Reformen führten nicht nur zur Gründung der evangelischen Kirchen, auch die römisch-katholische Kirche hat sich seitdem grundlegend reformiert. Damals von beiden Seiten ausgesprochene Lehrverurteilungen gelten heute nicht mehr. Ein Schlussstrich unter dieses Kapitel der Kirchengeschichte wurde vor 25 Jahren, am 31. Oktober 1999, gezogen: In Augsburg unterzeichneten Vertreter von Vatikan und Lutherischem Weltbund die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre". Darin stellen beide Seiten ihre grundsätzliche Übereinstimmung fest. Inzwischen hat sich der Weltrat Methodistischer Kirchen und die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen der Erklärung angeschlossen. Praktische Auswirkungen gibt es bislang nicht.

"Zeichen des Friedens"

Die Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des LWB und stellvertretende leitende Geistliche der VELKD, Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, bezeichnete die Erklärung als "ein Zeichen des Friedens und gelingender Versöhnung inmitten einer Welt, die unter Kriegen und vielfältigen Formen von Gewalt und Polarisierungen leidet, die die Menschheitsfamilie spalten".

Am Reformationstag 1999 wurde in der Pfarrkirche St. Anna zu Augsburg nach jahrelangen Verhandlungen die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" (GER) von dem damaligen Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Edward Idris Cassidy, und dem damaligen Präsidenten des Lutherischen Weltbundes, Landesbischof Christian Krause, unterzeichnet. Damit hoben Protestanten und Katholiken ihre jahrhundertealten gegenseitigen Lehrverurteilungen zur Rechtfertigungslehre auf und bekundeten einen "Konsens in Grundwahrheiten".

Die Gemeinsame Erklärung gilt bis heute als das einzige ökumenische Konsensdokument in der westlichen Kirche, das offiziell anerkannt und bestätigt wurde. Praktische Auswirkungen im kirchlichen Leben gibt es bislang allerdings nicht.

Der Streit um die aus der Bibel abgeleitete Lehre von der Rechtfertigung spaltete am Ende des Mittelalters die Christen in Europa. Dabei ging es um das Zentrum ihres Glaubens: Wie bringt der Mensch sein Verhältnis zu Gott in Ordnung? Wie findet ein sündiger Mensch Gnade vor Gott? Katholiken und Protestanten beantworteten diese Fragen unterschiedlich und gingen seit dem 16. Jahrhundert getrennte Wege. Vor allem mit der Rechtfertigungslehre grenzten sich beide Kirchen rund 500 Jahre lang voneinander ab.

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